1&1: jetzt fair und transparent!?

Ja ist denn heut‘ scho‘ Weihnachten?„, so Franz Beckenbauer in der O2-Werbung von 2003. So ähnlich habe ich mich gerade gefühlt, als ich den neuen 1&1 Werbespot gesehen habe. Ich dachte zuerst an eine Verarschung. Aber es sah einfach zu echt aus. In dem 50 sekündigen Werbefilmchen redet ein Herr Marcell Davis zum Zuschauer. Er faselt zuerst etwas von seiner 16-jährigen Betriebszugehörigkeit, und was 1&1 in den letzten Jahren so Tolles geleistet hat. Der Knüller kommt allerdings erst als er von der neusten Innovation spricht. Die ist er nämlich selber: Leiter für Kundenzufriedenheit.

Ja, dann kann einem spontan das Brötchen im Hals stecken bleiben, wenn bei 1&1 jemand von Kundenzufriedenheit spricht. Der Werbespot entbehrt daher nicht einer kleinen Komik; und dies gleich mehrfach. Denn bisher war die Zufriedenheit der eigenen Kundenschaft bei 1&1 eher zweitrangig anzusehen.
Redet man mit Bekannten oder Freunden über den Anbieter 1&1, kommt man meist zum selben Ergebnis. Man hört von Unzufriedenheit bis Resignation nur Schlechtes über die Montabaur Firma. Bei 1&1 galt bisher die Devise: Vertrag ist Vertrag. Das Wort Kulanz kannte man bis dato beim Kundendienst nicht. Laut Aussage der Freunde, werden Verträge „gern“ um die normale Vertragslaufszeit verlängert, auch wenn dies dem Kunden nicht gepasst. Und wer schon einmal in Zahlungsschwierigkeiten gekommen ist, hat die volle Breitseite des Kundendienstes zu spüren bekommen. Kaum ist eine Zahlung überfällig, wird das gesamte Kundenkonto und alle darin befindlichen Verträge gesperrt; auch wenn bspw. nur ein Teilvertrag betroffen war. Hinzu kommt dann in den meisten Fällen eine satte Zusatzgebühr für den rückläufigen Zahlungseinzug. Und dies soll nun alles anders werden?

Bei 1&1 nennt sich dies nun Innovation. Was bei einem anderen Unternehmen einfach zum guten Ton gehört, ist bei 1&1 nun urplötzlich gar eine Neuerung. Hier muss man bei dem Werbespot das erste Mal kräftig schmunzeln. Der zweite, etwas versteckte Lacher folgt bei den Worten von Herrn Marcell Davis: „Wenn bei Ihnen etwas nicht richtig läuft, bringen wir es zum Laufen. Wenn Sie mit einem Produkt nicht 100 Prozent zufrieden sind, verbessern wir es.“ Es geht also in erster Linie darum, dass dem Kunden in seinem Vertrag bzw. seinem Produkt geholfen wird. Es wird kein Wort darüber verloren, wie sich der Kundendienst zukünftig bei Vertragsreklamationen verhalten wird. Kundenzufriedenheit endet nicht damit, dass man ein Produkt verbessert, wenn es ein Kunde für schlecht empfindet. Zufriedenheit wäre es, wenn man mehr Kulanz beweisen würde. Doch dies wird wohl auch weiterhin nicht in der neuen Innovation von 1&1 zu finden sein. Und wenn doch, so muss dies 1&1 in den nächsten Monaten erst noch beweisen. Die Latte liegt hoch.

Eine Innovation ist hingegen, dass man Herrn Davis sogar per E-Mail erreichen kann: davis@1und1.de. Doch dabei handelt es sich wohl kaum um seine persönliche E-Mail-Adresse im Unternehmen. Denn wenn mehrere Tausend Kunden pro Tag an diese Adresse schreiben, müsste Herr Davis einen 100-Stunden-Tag haben, um alle Mails persönlich beantworten zu können. Dies ist der letzte Knaller in dem neuen Werbespot. Man hätte wohl besser die neue und alte Adresse „service@1und1.de“ veröffentlicht. Dann wäre die Verwirrung nicht all zu groß, wenn sich dann der Supportmitarbeiter Peter Müller bei einem melden würde.

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