Sendungen im Fernsehen sind im Prinzip moderne Theater- oder Zirkusveranstaltungen. Der Tierpark wurde durch technisches Equipment ersetzt und die Zuschauer sitzen zuhause auf ihrem breiten Sofa als direkt vor Ort auf engen Stühlen. In einem unterscheiden sich die beiden Formen dann doch: sobald es um die Finanzierung geht, werden die Unterschiede mehr als deutlich.
Die kommerziellen Sender sind bedacht, so viel Einnahmen aus Werbung und anderen Quellen zu erzielen, wie maximal möglich ist. Die Gewinnmaximierung macht die Runde. Die Kunst und Muse rückt dabei in den Hintergrund. Was keinen finanziellen Mehrwert bringt, findet sehr schwer den Weg ins Programm. Sehr deutlich zeigt dies momentan die Sendung ‚Deutschland Sucht Den Superstar‘ (aus dem englischen Original ‚American Idol‘).
Junge Gladiatoren in der Arena.
Die Sendung ist bunt und frech gestaltet. Sie soll ja auch das junge Publikum ansprechen. Bei nüchterner Betrachtung der Sendung erkennt man hingegen eine hell erleuchtete Arena, auf welche die jungen Nachwuchssänger gedrängt werden. Das Wichtigste sind die Telefonnummern zum Anrufen. Nichts wird so penetrant und wiederkehrend erwähnt wie die Telefonnummern. Die Jugendlichen singen um ihr Leben, um ihre eigene Zukunft und erhoffen sich durch diesen Auftritt den endgültigen Durchbruch. Ein Kampf der Gladiatoren. Das Schwert wurde durch das Mikrofon ersetzt. Die Aufmachung des „Kampfes“ ist im Prinzip die selbe wie zu damaligen Zeiten. Ein „Oberster“ – heute derer Drei – entscheidet über das Wohl des Probanden. Wer bei der Jury in Ungnade fällt, hat den Kampf verloren und kann seine Zelte einpacken. In der römischen Zeit wäre man ab diesem Zeitpunkt erdolcht worden; eine im Vergleich erlösende Handlung.
„Rufen Sie an!“
Die jugendlichen Laiensänger dienen dem Sender nur zu einem Zweck: Geld. Wer nicht mediengerecht über den Bildschirm kommt oder weit außerhalb der Zielgruppe wandelt, wird bei DSDS keine lange Zukunft haben. Viele passen sich diesem Druck an, viele verzweifeln daran, andere wiederum sind schon längst auf diese Schiene gepolt. Denn „Rufen Sie für diesen Kandidaten an“ wirkt nur dann am besten, wenn viele sich für diese Person erwärmen können. Aber auch Kontrastkandidaten erhöhen die Anruferzahl. Denn damit greift die übliche Psychologie beim Zuschauer: ich muss für meinen Liebling anrufen, damit die andere ‚Kotztüte‘ endlich raus fliegt wird. Aus diesem Grunde sind bei solchen Veranstaltungen bis zum bitteren Ende immer ein paar Verlierer mit dabei. Was der Quote nicht schadet, kann den Einnahmen nur gut tun.
Die Jury und das Maß aller Urteile.
Sind sie nur Marionetten in einem groß angelegten Showkampf, oder haben sie wirklich merkbaren Einfluss? Anja Lukaseder,Dieter Bohlen und Heinz Henn haben mit Sicherheit hinter den Kulissen mehr zu sagen, als nur „Der war gut.“ Schließlich ist einer von ihnen der spätere Produzent des Gewinners und die anderen haben sicherlich nicht minder wichtige Verträge mit RTL geschlossen. Man müsste daher schon beidseitig blind sein, um die drei nur als eine unabhängige Jury anzusehen. Höchstwahrscheinlich haben sie einen maßgebenden Einfluss auf die Auswahl der übrig gebliebenen ‚Gewinner‘ aus den Castings und auch auf die Kandidatenauswahl der letzten Show.
Nichts wird dem Zufall überlassen.
Diese Regel gilt in der Unterhaltung schon seit Entdeckung der Klampfe. Sowohl in einem Zirkuszelt als auch in einem Fernsehstudio wird gar nichts dem Zufall überlassen. Auch wenn es öfters den Anschein erweckt, es wäre gerade alles improvisiert und selbst ausgedacht, so ist gerade beim Fernsehen jede Handlung minutiös inszeniert. Für die Produktion einer TV-Sendung gibt es nur eine einzige Regel: überlasse nichts dem Zufall.
Es ist daher abgwegig zu denken, der bessere Sänger würde auch wirklich gewinnen. Der Gewinner muss in das erdachte Konzept passen und er/sie muss dem Sender die erhofften Mehreinnahmen bringen. Da sind Zufälle denkbar ungünstig. Es ist daher davon auszugehen, dass die Anrufe der Zuschauer nur einen sehr geringen Einfluss auf das Endergebnis haben werden. Um allerdings den Schein des modernen Gladiatorenkampfes nicht zu verlieren, wird mit allen Mitteln die Gerechtigkeit inszeniert. Die „freie“ Meinungsäußerungen der Jury, ein Rechtsanwalt, welcher das Ergebnis ins Studio trägt(!?) und eine epiloge Langfassung der Lobhuddelei. Mamma und Pappa sind ja zum Händchenhalten mit dabei.
Es ist alles nur ein Spiel.
So oder so ähnlich könnte man diesen modernen Showkampf ebenfalls nennen. Es ist ein Spiel, auf welches man sich als Kandidat einlassen muss. Die wirklichen Verlierer stehen schon im Voraus fest, können aber noch für drei Sendungen undankbaren Ruhm ernten. Und selbst der Gewinner ist hinter verschlossener Tür wahrscheinlich beschlossene Sache. Denn schließlich: Zeit ist Geld. Und eine Investition tätigt ein Fernsehsender nicht einfach aufs grade Wohl hinaus.