Am Montag und Dienstag zeigte der TV-Sender Sat.1 den Fiktionsfilm „Die Grenze“. Viel medialer Wind wurde im Vorfeld aufgewirbelt. Auch hat Sat.1 es sich nicht lumpen lassen, eine eigene Website dafür einzurichten: www.die-grenze.de. Um was geht es im TV-Movie „Die Grenze“? Deutschland im Jahr X (in der Zukunft). Die wirtschaftliche Lage ist katastrophal und die Gesellschaft spaltet sich. Teures Benzin, hohe Arbeitslosigkeit, linke und rechte Lager beherrschen zunehmend die politische Bühne. Die rechtsextreme Partei DNS (Deutsch National Sozial) hat sich zum Ziel gesetzt, das Land Mecklenburg-Vorpommern bei der nächsten Landtagswahl einzunehmen und damit einher gehend eine Abschaltung von der Bundesrepublik voran zu treiben.
Feststellung Nr. 1: Die Menschen aus dem ehemaligen Ostdeutschland werden immer noch vorgeführt als politisch naiv, leichtgläubig und extrem leicht beeinflussbar. Wenn einer „hier“ schreit, kommen alle angerannt und warten auf eine Ladung kostenlose Bananen. Der Film zeigte ein sehr einseitiges Bild unserer Gesellschaft. Es wurde nicht gespart an billiger Schwarz-Weiß-Malerei. Hier die Guten und dort drüben die Bösen.
Feststellung Nr. 2: Im Film hatte man nur die unbequeme Möglichkeit, sich zwischen zwei extremen Formierungen zu entscheiden. Entweder die rechtspopulistische DNS oder die linksorientierte „Neue Linke“. Dazwischen scheint ein politisches Vakuum zu herrschen; zumindest wenn es nach den Vorstellungen der Drehbuchautoren für Deutschlands Zukunft geht. Sat.1 hat der Website auch einen Polit-o-Meter spendiert. Dort kann man neun Fragen beantworten und bekommt dann sein persönliches, politisches Leitmotiv präsentiert. Und nun raten Sie mal, zu welcher Partei Deutschland neigt? Über 80 Prozent würden sich für die „Neue Linke“ entscheiden. Dies ist weniger verwunderlich als es scheint. Die Fragen sind zum einen extrem eindeutig formuliert. Zum anderen kennt der Polit-o-Meter nur zwei politische Lager: links oder rechts.
Feststellung Nr. 3: Der Film war eindeutig eine Produktion der ProSiebenSat.1 Group. Es reicht heutzutage ja nicht, dass man durch eine Dauerwerbeeinblendung, das Senderlogo, permanent darauf aufmerksam gemacht wird, welchen Sender man gerade eingeschaltet hat. Bei der ProSiebenSat.1 Group ist man derart von sich selbst überzeugt, dass man die halbe Senderfamilie im Film unterbringen musste. So wurde nicht nur ein paar Mal ein Ausschnitt einer fiktiven Nachrichtensendung vom Schwestersender N24 in den Film eingebaut. Es ist ja nicht so, dass wir in Deutschland nicht über viele Nachrichtensendungen verfügen würden. Selbst in der ProSiebenSat.1 Group bietet man auf vier Sendern kürzere oder längere Nachrichtensendungen an. Es musste hingegen immer wieder der Nachrichtenkanal N24 sein. Ausgerechnet jener Nachrichtensender, der mehr Dokus zeigt als jeder andere Sender in Deutschland. Eigentlich ist N24 ein Dokusender mit kurzen Nachrichtenpausen – jede Stunde mal für 5 Minuten. Im Film hatte man hingegen den Eindruck, als würde N24 komplette 24 Stunden am Tag uns mit Nachrichten „versorgen“. Und irgendwie ist es für einen Film auch peinlich, wenn er zu gefühlten 10 Prozent Dauerwerbung für einen Nachrichtenkanal macht.
Ich war mir nach ca. 3,5 Stunden Film nicht ganz sicher, was mir diese teamWorx Produktion sagen wollte. Ging es darum, dass es in der Zukunft Deutschlands nur noch eine reine Links-Rechts-Politik geben wird? Oder dass die Menschen in den östlichen Bundesländern lieber wieder eine Grenze haben möchten? Oder dass die „Osis“ einfach eine Spur naiver sind als die westlichen Mitbürger. Oder wollte mir Sat.1 mit dem Film „Die Grenze“ zeigen, dass die Senderkette einen vorzeigbaren Nachrichtenkanal mit dem Namen N24 hat?
Da fällt mir auf: wieso laufen auf N24 eigentlich nur irgendwelche Dokus über amerikanische Schiffsträger, japanische Messerherstellung oder deutsche Ordnungsämter? Wieso läuft auf N24 nie eine Dokumentation über die rechte Szene in Deutschland? Dies würde eine mediale Grenze zusammen brechen lassen, die stärker existent ist, als jede Grenze im Kopf zwischen West und Ost.