Fast 13 Jahr lang bildeten sie bei Fußballübertragungen wie der EM oder WM ein fast unzertrennbares Paar: Gerhard Delling und Günter Netzer. Letzten Samstag – beim Spiel um Platz 3, Deutschland gegen Uruguay – vermeldete Herr Netzer seinen Rückzug und somit das Ende einer durchaus unterhaltsamen Spielkommentierung. Das Nachrichtenmagazin DWDL vermeldete passend zum Ende des ARD-Experten: „Schade, dass er aufhört – denn oft waren die Analysen besser als das Spiel.“
Herr Netzer wurde 1944 geboren. Als Fußballprofi kickte er unter anderem für Borussia Mönchengladbach und Real Madrid. Mit der deutschen Fußballnationalmannschaft wurde er 1972 Europameister und 1974 im eigenen Land Weltmeister. [Quelle: Wikipedia] Mit seiner in Zürich gegründeten Werbeagentur handelt er Fernsehrechte. Für seine Arbeit als Kommentator bei Fußballübertragungen in der ARD erhielt er im Jahre 2000 zusammen mit Gerhard Delling den Grimme-Preis. Die beiden erhielten darüber hinaus im Jahre 2008 den Medienpreis für Sprachkultur, mit der Begründung für ihr „hohes sprachliche Niveau“. Und genau jenes werde ich und viele andere zukünftig vermissen.
Ein Fußballspiel konnte noch so schlecht gekickt sein. Die nachträglichen Kommentare von Herr Netzer machten jedes miese Spiel wieder wett. Unwissende hatten sich sicherlich des öfteren gefragt, wieso die beiden Herren sich verhalten wie zwei keifende Hunde. Doch wer den spitzfindigen Humor und die sprachlichen Spitzen zu deuten wusste, hatte bei den Spielanalysen seinen Spaß. Im Vergleich zu anderen Kommentatoren (beim ZDF oder bei RTL) wirkte Herr Netzer trotz seiner zurückhaltenden und ruhigen Art wie ein aufgedrehter Radioreporter. Aber nicht nur seine sprachliche Finesse war jedes Mal ein Fest für die Ohren. Auch die permanente Kontroverse zwischen ihm und Herr Delling machten die Spielanalysen erst sehens- und vor allem hörenswert.
Herr Netzers Ausscheiden ist sicherlich ein Verlust für die ARD. Für Herrn Delling muss ein neuer Gegenpart gefunden werden. Hoffentlich lässt man sich bei der ARD nicht dazu hinreißen, einen weiteren weichgespülten und oberflächlichen Kommentator zu engagieren, wie es beim ZDF und bei RTL derzeit der Fall ist. Ich möchte eine ehrliche, offene und vor allem direkte Spielanalyse hören. Dass nicht jeder mit offener Kritik umgehen kann, bewies zuletzt im Jahr 2003 der damalige DFB-Teamchef Rudi Völler, nachdem das Duo Netzer und Delling das Länderspiel gegen Island (0:0) heftig bemängelt hatten. Günter Netzer ist ein Mensch, der eben ungeschminkt die Meinung sagt. Genau solche Medienmenschen gibt es leider viel zu wenige. Und daher ist es doppelt schade, dass er sich vom Spielfeld abgemeldet hat.