Vor ein paar Tagen konnte man mal wieder ein Lehrstück politischer Meinungsmache lesen. Unsere Bundeschefin Angela Merkel erläuterte in einem Interview die Notwendigkeit der privaten Gebäudesanierungen. Das ehrgeizige und zugleich rühmliche Ziel: bis zum Jahr 2050 sollen die klimaschädlichen Emissionen um rund 80 Prozent gesenkt werden. Deutschland soll zum Musterland der Haussanierung werden. Zahlen darf dies der Mieter. Denn der kann sich am wenigsten gegen die Beschlüsse wehren.
40 Prozent der Energie wird wohl beim Heizen (der Wohnung) ungenutzt in die Luft geblasen. Damit soll demnächst nun Schluss sein. Merkels Team hat der unnützen Energieverschwendung den Kampf angeordnet. Neue Fenster, dicke Styroporwände und neue Dachabdeckungen sollen dafür sorgen, dass die Heizkosten und damit auch die Nebenkosten für den Mieter sinken. Dabei handelt es sich allerdings (mal wieder) um eine offenkundige Milchmädchenrechnung. In Wahrheit kommen auf den Mieter Kostensteigerungen von ca. 150 bis 200 Euro (pro Monat) zu.
In erster Linie verdienen die Handwerksbetriebe, welche die Sanierungen durchführen werden. Und damit der Vermieter nicht auf den Kosten sitzen bleibt, darf er die Rechnung an seinen Mieter weiter reichen. Normalerweise darf die Miete wegen Arbeiten am Gebäude nicht erhöht werden; so steht es im Mietgesetz. Außer es handelt sich um eine Renovierung, und der Mieter kann sich danach auf ein neues Badezimmer freuen. Doch in diesem Fall schafft unsere Regierung eine Ausnahme. Die Kosten der Sanierung dürfen – wegen dem Klimaschutz – auf die Miete umgelegt werden.
In einem Zeitungsinterview betonte Bundeskanzlerin Merkel: „Das findet natürlich auf den ersten Blick nicht jeder gut, aber es ist doch verständlich, dass sich solch eine Investition in die Zukunft sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter lohnen muss.“ Es klingt etwas paradox. Das Gebäude soll saniert werden, damit weniger Heizenergie aufgewendet werden muss. Davon hat in erster Linie der Vermieter einen Vorteil. Doch weil es sich auch für den Mieter lohnt, soll er sich mit einer höheren Miete daran beteiligen.
In einem Fernsehinterview konnte ich einen Vermieter einer größeren Wohnanlage sehen. Dieser berichtete, dass er ca. 800.000 Euro für die Sanierungsarbeiten aufbringen müsste. Der Nutzen stehe dabei jedoch in Frage. Auf die Miete umgeschlagen würde dies einer Mieterhöhung von ca. 150 Euro gleich kommen. Im Umkehrschluss seien jedoch nur Einsparungen von ca. 50 Euro bei den Nebenkosten zu erwarten.
Dies findet auch auf den zweiten Blick niemand gut, Frau Merkel. Und dass sich diese Investition weder für den Vermieter noch für den Mieter lohnt, zeigt das Beispiel. Monatlichen Einsparungen von 50 Euro stehen Mehrkosten von 150 Euro gegenüber. Und dies auf Jahrzehnte gerechnet. Dabei stellt sich nur die beiläufige Frage, wer eine Mieterhöhung von ca. 30 Prozent zahlen kann. Der Mieter wohl kaum. Aber daran hat unsere schlaue Regierungstruppe in Berlin nicht gedacht.
Die Lobbyisten der Baubranche werden sich bedanken für das elegante Konzept. Oder muss man eher sagen: dank der intensiven Arbeit der Baulobbyisten kam es zu diesen Gebäudesanierungsvorgaben. Man kann es drehen und wenden wie man möchte. Die Gewinner ist eindeutig die Baubranche. Der Vermieter wird die Kosten der Sanierung nicht aussitzen – zumal er es in diesem Fall auch gar nicht muss. Und der Verlierer dieser Klimaschutz-Posse ist der Mieter. Der darf sich auf eine ordentliche Mieterhöhung gefasst machen, sobald die energiedämmende Fassade verbaut ist. Oder er zieht einfach aus … in ein unsaniertes Haus. Moment!?