Pünktlich in die Tage zwischen den Feiertagen werden gute Nachrichten gestreut. Der Wirtschaft geht es gut, wir verdienen gut und die Deutschen haben wieder ordentlich Geld ausgegeben. Dies zumindest vermelden führende Wirtschaftsökonome. Da wird es nicht lange dauern, bis die ersten Gewerkschaften nach saftigen Lohnerhöhungen schreien. Und die nächste Runde bei der Kurzarbeit wird so sicher kommen wie das Amen in der Kirche.
Die Wirtschaft boomt? Wirklich? Mein persönliches Gefühl sagt mir, dass es nicht sonderlich boomender war wie die Jahre zuvor. Alleine die Autoindustrie litt im Jahr 2010 von der stark gesunkenen Nachfrage. Dies war auch nicht anders zu erwarten. Denn dank Abwrackprämie haben sehr viele im vorherigen Jahr ihren alten(?) Wagen auf den Schrottplatz gefahren. Einzig und allein der Export hat die Aktien der Autoindustrie „erblühen“ lassen. In welcher Branche findet der echte Boom statt? In der Finanzbranche? Oder wird uns von den Wirtschaftsexperten nur etwas vom Pferd erzählt?
Und wenn es diesen Boom gibt, stellt sich noch die spannende Frage, auf welche Kosten diese Hochkonjunktur erzielt wurde. Wenn vom Wirtschaftsboom nur die oberen Zehntausend profitieren, ist es komplett durch die Pfeife geraucht. Auch kann man schlecht von einem Boom sprechen, wenn durch die neuen Gesetze im Jahr 2011 jedem einzelnen weniger oder gleichviel Geld in der Tasche bleibt. Die Politik verfolgt bereits seit Jahren den üblichen Kniff: linke Tasche – rechte Tasche. Auch die Kurzarbeit war bei vielen Betrieben nur ein findiger Trick, um weniger eigene Lohnkosten zahlen zu müssen. Viele Arbeiter haben trotz Kurzarbeit mehr gearbeitet als ohne die staatliche Maßnahme. In anderen Ländern würde man so etwas unverblümt Soziale Arbeitspolitik nennen. Hier in Deutschland ist ein „einfach“ nur die perfide Ausnutzung von rechtlichen Grauzonen.
Und was kommt überhaupt nach dem Boom? Gibt es im Jahr 2012 „Boom, la fete“ Teil 2? Wir hangeln uns von Boom zu Mini-Boom, von Kurzarbeit zu Vollbeschäftigung, von Europalkrise zu Wirtschaftswunder. Die milliardenhohen Schulden durch die Bankenkrise sind schon längst wieder vergessen. An die Beinahe-Insolvenz von Opel erinnert sich kaum auch noch einer; das Ende des Versandhandelkonzerns Quelle ist eh schon längst vom Tisch. Im Jahr 2011 werden wir die Beinahe-Vollbeschäftigung erhalten. So wünscht es sich zumindest Frau von der Leyen – auch wenn es nicht ihr Ressort ist. Die einen werden meckern, dass ihre Krankenkassenbeiträge gestiegen sind, die anderen werden merken, dass sie für Strom, Wasser und Müll mehr bezahlen dürfen. Manche werden eine kleine Lohnerhöhung erhalten. Und gegen Ende des Jahres rennen wir dann wieder alle kollektiv in die großen Konsumtempel, um den Wirtschaftsboom am Laufen zu erhalten.
Wenn die ganze Chose nicht so perfide verlogen und dümmlich-naiv wäre, würde man sich über solch gute Nachrichten glatt freuen können. Doch in Wahrheit bleibt alles so korrupt, geldgierig und unmenschlich wie im abgelaufenen Jahr. Von außen betrachtet ist es interessant, wie wir uns selbst in die Taschen lügen. Noch viel interessanter ist es, wie lange diese „Experiment“ noch gut geht oder gut gehen kann. Irgendwann muss es mal einen rechten Crash geben. Doch den wollte dann keiner kommen sehen – weil die Wirtschaft ja boomt und das wichtig ist für unser aller Überleben.