Ein neues Bürokratiemonster ist geboren. Mit Anfang nächsten Jahres müssen alle 14.000 Tankstellen des Landes – in Echtzeit – ihre Benzinpreise bzw. alle Preisveränderungen an die Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt melden. Damit möchte die Regierung unnatürliche Preisausschläge unterbinden bzw. besser kontrollieren können. Zu einem niedrigeren Benzinpreis wird dies sicherlich nicht führen, wobei die Regierung betont, dass sie damit den Wettbewerb unter den Ölkonzernen beleben möchte.
Der Verbraucher möchte gern verarscht werden, also schafft man eine offizielle Meldestelle zur Irreführung. Solche Melde- bzw. Vergleichsseiten gibt es bereits für viele Belange: Strom, Telefon, Versicherungen und vieles mehr. Ein echter Wettbewerb ist in den seltensten Fällen daraus entstanden; eher der allseits verbreitete Pseudo-Wettbewerb. Der Pfennigfuchser wird nun sagen, dass er mit einem ständigen Preisvergleich wirklich Geld sparen kann. Der Realist entgegnet jedoch: mit einer fünfminütigen Recherche oder einem Umweg von 10 Kilometer zur günstigeren Tankstelle, hebt sich Preisvorteil wieder auf.
Der staatliche Anteil am Benzinpreis liegt bei knapp 60 Prozent. Aktuelle Daten von Statista und allgemeine Preiszusammenstellung vom AvD. Dies bedeutet, dass den Mineralölkonzernen nur ein Spielraum von 40 Prozent bleibt. Und auch hier sind die Kosten relativ eng gesetzt. Der Produktenpreis ist der Preis, zu dem der Treibstoff von der Industrie an der Ölbörse Rotterdam gekauft wird. Von den Gesamtkosten variiert der Produktenpreis meist um die 30 Prozent. Hinzu kommt der Deckungsbeitrag. Dieser beinhaltet die Kosten für Transport, Lagerhaltung, Bevorratung von Treibstoffreserven sowie Verwaltung und Vertrieb. Der Deckungsbeitrag beträgt um die 8 bis 9 Prozent.
Im Deckungsbeitrag von 9 Prozent (am Gesamtpreis) ist auch der Gewinn der Mineralölkonzerne enthalten. Wenn man den einen oder anderen Beitrag liest, hat man das Gefühl, die Ölkonzerne würden durch den Verkauf von Benzin reich werden.
Die Mineralölkonzerne profitieren von der schwankenden Nachfrage. Wenn die Nachfrage am höchsten ist, ist folglich auch der Preis am höchsten. Alleine mit azyklischem Tankverhalten lässt sich bereits Geld sparen. Man sollte zu unpopulären Zeiten tanken fahren: z.B. Sonntagabends oder Montagmorgens (siehe Tabelle „Wann Benzin am teuersten ist“). Eine Meldestelle wird am Benzinpreis nichts ändern. Denn gerade dann wenn die meisten Autofahrer zum Tanken kommen, wird auch weiterhin der Benzinpreis am höchsten sein.
Die wenigsten Verbraucher werden vor jeder Tankfahrt den Preisvergleich bemühen. Es ist auf Dauer einfach nervig, wegen ein oder zwei Cent Preisunterschied die Preisvergleichsportale abzufragen. Das wissen auch die Tankstellenbetreiber. Sowohl Discounter- als auch Markentankstellen sorgen mit willkürlichen Preisunterschieden für Verwirrung beim Verbraucher. „Die ständig billigste Tankstelle“ gibt es nur in ganz seltenen Fällen.
Die Benzinpreis-Meldestelle ist eine perfekte Ablenkung vom eigentlichen Problem: der Staat ist Hauptverdiener beim Benzinverkauf. Auf das staatliche Konto wandern 60 Prozent vom Literpreis. Daran ändert sich überhaupt nichts, wenn nun in Echtzeit die Preise vergleichbar werden. Die Tankstellen verdienen seit Jahren an einer ganz anderen Stelle: 86 Prozent des Umsatzes werden mit dem Verkauf von Zigaretten, Bier und Grillkohle gemacht. Der Verkauf von Treibstoff ist nur noch Mittel zum Zweck.