Der Helmholtzkiez ist der heimliche Babybomber-Bezirk in Berlin. Nirgendwo sonst werden so viele Kinderwagen durch die Gegend geschoben wie im ehemaligen Ostbezirk. Früher eher der heruntergekommene Arbeiterkiez, heute der Wohnort für wohlhabende Schwaben und kinderreiche Familien. Im Mai 2015 wird es noch eine Runde turbulenter im Satdtviertel. Die Bezirksverwaltung plant, einen ganzen Monat lang benzinbetriebene Autos aus dem Kiez zu verbannen. 3.500 konventionelle Autos sollen durch 600 Carsharing-Fahrzeuge ersetzt werden.
Die Idee klingt im ersten Moment innovativ und passend für das Öko-Viertel. Doch was nach guter Idee klingt, wirft reichlich Fragen auf. Es scheint gar, dass das geplante „Schaufenster für emissionsfreie Mobilität“ nicht mehr als ein paar Infostände werden wird. Denn im Bezirk wohnen knapp über 20.000 Menschen und unzählig viele Autos parken an den Straßenrändern. Dort sollen im Mai 2015 dann nur noch Elektroautos den Weg säumen. Das konventionelle Auto parkt dann ein paar Hundert Meter weiter und man muss sich mit dem elektrischen Shuttlebus dorthin fahren lassen. Für Rettungsfahrzeuge und Autos von Schwerbehinderten wird es Ausnahmen geben.
- Was ist mit dem Durchgangsverkehr? Gerade der Durchgangsverkehr sorgt für den größten Krach und CO2-Ausstosss.
- Was ist mit Lieferservice, Paketdiensten, Warenanlieferungen? Müssen diese ebenfalls auf Elektro-Transporter oder gar Elektro-LKW umrüsten?
- Was ist mit Handwerkern, Reparaturdiensten und Baufahrzeugen? Werden diese ebenfalls als Ausnahme gelten?
- Wo parkt der Anwohner sein konventionelles Auto? Auf den umliegenden Straßen außerhalb des Bezirks ist kein weiterer Platz für die circa 3.500 Autos.
- Was ist mit Motorräder und Mopeds? Werden diese ebenfalls aus dem Testbezirk verbannt? Denn Alternativen wird es dazu nicht geben.
Die Bezirksverwaltung vom Prenzlauer Berg muss sich auf jede Menge quälende Fragen einstellen. Und derzeit sieht es so aus, als ob es mehr Ausnahmen als Regelungen geben wird. Am Ende wird der Bewohner gegängelt, weil er zuerst Hunderte Meter zu seinem konventionellen Auto laufen oder fahren muss. Alle anderen hingegen werden auch im Testmonat durch den Kiez knattern und stinken dürfen.
Update, 6. Mai 2014
Keine zwei Tage später folgt per Twitter die Absage vom Bezirksbürgermeister von Pankow, Matthias Köhne
Das Bezirksamt hat heute dem Projekt autofreies Helmholtzquartier den Stecker gezogen.
— Matthias Köhne (@PankowsBzBm) 6. Mai 2014
Laut Nachfrage des Tagesspiegels habe das Bezirksamt das Vorhaben „in Dimension, Zeit und Fläche nicht befürwortet“. Man sollte wohl dankbar sein, dass dieses Projekt nicht realisiert wird. Denn besonders weitsichtig scheint man im Bezirk Pankow nicht denken zu wollen oder zu können.
Eine Entscheidung dieser Bedeutung könnte am besten durch eine Bürgerbefragung entscheiden werden.
Immerhin gibt es in Berlin Mehrheiten für eine DAUER-Lösung mit nur och Elektroautos im Kiez. Bei einem Probemonat mag es zusätzliche Gegner geben, weil die Umstellung für einen kurzen Zeitraum nciht möglich ist, und auch zusätzliche Befürworter, weil eben keine Dauerlösung.
Ich halte allerdings die Sommerferien für einen besseren Zeitraum, weil dann mehr Parkplätze in den Nachbarquartieren frei sind.
Ich habe mich auch schon gefragt, wieso man den Test nicht in den ruhigen Sommermonaten – speziell während der Sommerferien – durchführen kann.
Aber wahrscheinlich möchte sich die Bezirksverwaltung nicht selber ein Ei legen. Schließlich möchte man in den Sommerferien auch die eigenen Mitarbeiter in den Urlaub schicken.
Hier noch die Links zu der Befragung und dem Konzept für eine Dauerlösung:
Mehrheit für Berliner Umweltzone ohne Autoabgase
http://www.j-fa.de/Elektro-Umweltzone.html
Detail-Konzept für Berliner Umweltzone ohne Autoabgase
http://www.j-fa.de/Elektro-Umweltzone-Konzept.pfd
Dokumentation der Befragungsergebnisse
http://www.j-fa.de/Elektro-Infratest.pdf