Bundesverwaltung: Kosten? Leistung? Keine Ahnung!

Manchmal ist es interessant, in verstaubten Archiven zu wühlen. Im Juni 2007 hieß es noch auf Spiegel-Online:

Der Abbau der Neuverschuldung geht damit deutlich schneller voran als in der bisher gültigen mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. […] Die forcierte Sanierung des Bundeshaushalts wird möglich, weil der Konjunkturaufschwung die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand drastisch steigen lässt und auch viel weniger Geld zur Finanzierung der Arbeitslosigkeit notwendig ist. Seit Ende der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wies der Bundeshaushalt stets ein Minus aus.

Herrlich. Das ist bestes Bauerntheater. Gut, die Wirtschaftskrise hat aber auch wirklich niemand kommen sehen. Die hat alle blindlinks erwischt. Die Finanzkrise war der Auslöser dazu. Die hat natürlich auch niemand kommen sehen. Wie man sie wieder los wird, darin waren sich seltsamerweise alle sofort einig. Also zumindest die Banken waren sich mit den Regierungsvertretern sofort einig.
Nun, mit dem Abbau der Neuverschuldung wird es so schnell nichts mehr. Der deutsche Staat hat sein höchstes Rekorddefizit seit Bestehen eingefahren und die Staatsverschuldung liegt bei knappen 1.800 Milliarden Euro. Ausgeschrieben sind das ca. 1.800.000.000.000 Euro. Peanuts!

Nun kommt aber der abenteuerliche Teil. Eigentlich möchte man beim Bund schon seit Jahren eine Kosten und Leistungsrechnung – kurz KLR – einführen. Was beim betrieblichen Rechnungswesen zu den täglichen Hausaufgaben gehört, ist beim Bund immer noch Wunschdenken. Im Jahr 2006 war erst knapp die Hälfte der Bundesverwaltung (ohne den Bereich Verteidigung) mit einer KLR ausgestattet. Und wir reden dabei nur von der Bundesverwaltung. Dazu zählen keine Landes- oder Kommunalverwaltungen. Knappe 50 Prozent der bundeseigenen Verwaltungseinrichtungen hat überhaupt einen Überblick darüber, wie viel Geld ins Haus kommt, wie viel Geld für was verbraucht wird und wie viele Euro am Schluss übrig bleiben (könnten). Diese knappen 50 Prozent der Verwaltungen erledigt ihre Arbeiten im Blindflug.

Die KLR wurde erst durch die Einführung einer Haushaltsflexibilisierung möglich. Haushaltsentwurf des Deutschen Bundestages für das Jahr 2008, Seite 54, Kapitel „Die Modernisierung der Bundesverwaltung“: „Die Ergebnisse eigener Entscheidungen werden unmittelbar ersichtlich und tragen wesentlich zu einer Erhöhung von Motivation und Interesse des Bearbeiters bei. Damit einhergehen müssen die Entwicklung von Kostentransparenz sowie ein verstärktes Kostenbewusstsein bei jedem Entscheidungsträger.“ Vielleicht sollte man bei Frau Merkel den altbekannten Herrn Zwegat vorbei schicken. Der würde erst einmal genüsslich sein Flipchart aufbauen und dann genüsslich in einer langen Liste die Ausgaben von den Einnahmen trennen. Dabei würde es nicht bleiben. Er würde einzelne Minister ernsthaft ins Gespräch nehmen und sie fragen, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen würden. Man muss schon wissen, wie viel in der Haushaltskasse ist und wie viel man davon ausgeben kann. Und wenn man an Spielsucht – pardon Lobbyismus – leidet, muss man eben zu einer Therapie. Auch dafür würde Herr Zwegat „Händchen halten“.

Es ist schon beängstigend zu wissen, dass unsere Ministerien nicht so genau weiß, wie viel Geld sie wofür ausgeben und wie viel Geld sie eigentlich für Ihre Arbeiten benötigen würden. Aber wozu auch der ganze Aufstand. Das ist doch mühselig. Erbsenszählerei. Wenn man fremdes Geld zu verwalten hat, braucht man sich keine genauen Gedanken darüber machen, woher und wohin die Summen wandern. Der Nachschub an den Milliarden ist gesichert und Nachfragen hat auch keiner zu erwarten. Und bei Fehlentscheidungen riskiert man in Ministerien nicht einmal seinen Arbeitsplatz. Außer man wird von der fiesen Presse gemobbt. Das passiert meistens dann, wenn man nicht mehr ins gewünschte mediale Licht passt. Ein Querdenker wird da schnell zum Volksverhetzer und Querulanten werden über die Hintertür entsorgt.

Beim nächsten Gespräch mit meinem Sachbearbeiter im Finanzamt werde ich den Spieß mal umdrehen. „Sie wollen ernsthaft auf den Euro genau wissen, wie viel ich letztes Jahr eingenommen habe? Ich habe keine Ahnung. Schließlich weiß ich ja auch nicht genau, wofür ich das Geld alles ausgegeben habe. Hier läufts doch nicht anders!?“ (zwinker)

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