Es sind die Kleinigkeiten im Alltag, die mich manchmal stutzig werden lassen. Jedes Jahr gibt es eine Steuerschätzung. Doch in jedem Jahr liegen die Experten daneben. Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Mal ist die Schätzung zu hoch, mal wurde mit viel weniger gerechnet. Da stimmt doch was nicht. Das hat doch schon Masche. Nach zig Jahrzehnten mit gesammelten Erfahrungswerten sollte man als Experte doch halbwegs in der Lage sein, eine relativ genaue Schätzung abliefern zu können.
Im Finanzministerium arbeiten gut bezahlte Menschen, welche jährlich eine Steuerschätzung abliefern müssen. Doch haben Sie schon mal folgende Verlautbarung aus dem Finanzministerium gehört: „Dieses Jahr lagen wir richtig mit unserer Steuerschätzung.“ Also ich noch nie. Seltsam oder?
Das steckt Methode dahinter. Geht es dem Volk spürbar gut, fallen die Steuereinnahmen höher aus als erwartet: „Aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage rechnen wir mit höheren Steuereinnahmen als geschätzt.“ Das kann natürlich im Voraus auch keiner ahnen. Geht es der Wirtschaft schlecht, fallen die Steuereinnahmen immer eine Spur niedriger aus, als dies in der Steuerschätzung vorgesehen war. Auch das kann man nie voraus sehen.
Dass man in der Schätzung dennoch nicht zu niedrig liegt, hat einen einfachen Grund. Je weniger Einnahmen man abschätzt, desto weniger steht in den Verhandlungen zum Bundeshaushalt zur Verfügung. Da aber im Voraus kein Ministerium gern weniger Gelder verplant, schätzt man einfach etwas höher. Sind die Einnahmen dann doch nicht so hoch wie geschätzt, wird einfach „nur“ die Staatsverschuldung um ein paar Milliarden Euro höher. Und man hat gegenüber dem Volk gleichzeitig ein gutes Druckmittel, um Steuererleichterungen elegant aus dem Weg zu gehen.
Wieso klappt das mit der Steuerschätzung nie? Es wäre für eine Regierung doch ein perfektes Aushängeschild, wenn sie zumindest bei der Schätzung richtig gerechnet hätte. Doch offensichtlich möchte man keine korrekte Berechnung. Denn mit den Fehlschätzungen lässt sich nun mal leichter regieren.