Das Privatfernsehen verfolgt eine ganz eigene Strategie. Erst vor wenigen Tagen berichteten mehrere Zeitungen über das Reality-TV. Dabei geht es den Privaten nur um die Unterhaltung des Volkes. Ob die Fälle real oder pseudoreal nach Vorgabe eines Drehbuchs sind, ist den Sender dabei egal. Gezeigt wird alles, was irgendwie nach weichgespülter Gefühlsduselei aussieht. Da wird Familie Musterfrau gezeigt, wie sie völlig unerwartet(!?) und ohne eigenes(!?) Zutun in die Schuldenfalle geraten ist. Oder wie die Kinder der Mustermanns unter der Trennung der Eltern leiden, straffällig werden und das ganze Familienleben darunter leidet.
Schon seit Jahren konstruiert das Privatwirtschaftliche Fernsehen seine Storys selber. Laiendarsteller spielen ahnungslose Kunden oder Halbkriminelle. Der Redakteur gibt die Story vor, der Redakteur sorgt für die Details und gedreht wird unter „realen“ Bedingungen. Gut und Günstig. Aber auch Falsch und Billig. Investigativ Berichterstattung hingegen sucht man (fast) vergebens. Denn das passt nicht in das mediale Bild der Privatsender. Auch Politische Reportagen oder wirtschaftskritische Dokumentationen sucht man vergebens. Wenn mal Unternehmen genauer hinterleuchtet werden, dann nur irgendwelche kleine Abzocker, die über Internetportale überteuerten Plunder verkaufen.
Die Privatsender scheuen die offene Konfrontation mit der politischen Front ebenso wie die direkte Konfrontation mit den Großkonzernen. Es zählen am Ende schließlich nur die Werbeeinnahmen. Und da möchte man es sich mit seinen Geldgebern nicht verscherzen. Man braucht sich daher nicht wundern, wenn die privaten Verlage und TV-Anstalten ständig massive Kritik gegen die Internetpläne der Öffentlich-Rechtlichen auffahren. Die Privaten werfen den öffentlichen Sendern fortwährend vor, dass sie massive GEZ-Verschwendung im Internet betreiben. Den Öffentlich-Rechtlichen wird untersagt, sie dürfen keine gesonderten Inhalte im Internet anbieten. Ebenso müssen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Mediatheken in der Benutzung massiv eingrenzen. Da speziell die werberelevante Zielgruppe der 14- bis 40-Jährigen immer mehr das Internet nutzt und dem klassischen Fernsehen den Rücken kehrt, erreichen die Öffentlich-Rechtlichen immer weniger die jungen Zuschauer. All dies gibt den privaten Anstalten die Möglichkeit, ihre Inhalte ungehindert auszubauen. Sie wollen nur eines: die jugendlichen Zuschauer erreichen; auf allen nur denkbaren Empfangsmöglichkeiten.
Das jugendliche Volk soll keine politische Bildung erfahren sondern weichgespülte Alltagsgrütze zu sehen bekommen. Nach dem selbst gesteckten Ziel: wir senden nur das, was der Zuschauer sehen möchte. Vielleicht wäre es aber ganz ratsam, wenn der Zuschauer mehr an die „großen“ Probleme der Gesellschaft heran geführt werden würde; statt im Fernsehen den Nachbarstreit zwischen den Müllers und den Meiers sich an zu schauen. Es ist sogar eine eher kritisch zu sehende Berichterstattung in Richtung „Null Toleranz“ zu sehen. So wie es unsere Bundeskanzlerin bereits vorgeben hat, springen die Privaten auf diesen Zug auf. Ordnungshüter werden in allen Arbeitsbereichen gefilmt und auf den Bildschirm gebracht. Der Kleinkrieg mit den Ordnungsämtern wird 1:1 dem Zuschauer vorgeführt.
Kritische Stimmen zur politischen Arbeit, zu staatlichen Maßnahmen oder Einrichtungen sucht man im Privat-TV vergebens. Alles zum Wohl der Privatwirtschaft. Große Konzerne werden so gut wie nie kritisiert oder hinterleuchtet. Das wäre nicht nur schlecht für die Werbeeinnahmen, sondern ist auch schwerer zu verdauen als Fast-Watch-Kost.