Die Deutsche Telekom AG (DTAG) steckt im Dilemma. Über Jahre hinweg wurden Telefonate bzw. deren Verbindungsdaten aufgezeichnet, um ein Scanning der Verbindungen vornehmen zu können. Der Telekom ging es dabei um undichte Stellen im Konzern. Angeblich wollte man damit heraus finden, welcher Journalist mit welchem Vorstandsvorsitzenden oder leitenden Angestellten Interna aus dem Telekom-Konzern ausgetauscht hat bzw. austauschen wollte. Bei der Telekom schreckte man auch nicht zurück, einen sogenannten Maulwurf in der Redaktion der Zeitschrift „Capital“ ein zu schleusen.
Die Instruktionen für diese Überwachungsmaßnahme kamen von ganz oben. Damals noch angeleiert vom ehemaligen Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und dem damaligen Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel.
Die beiden feinen Herren aus der Führungsetage des größten Telekommunikationskonzerns Deutschlands – oder gar Europas – stehen nicht alleine da, wenn es um die Verletzung des Datenschutzes geht. Bei LIDL wurden im großen Stil die Mitarbeiter per Kamera überwacht; das gleiche Bild ergibt sich bei dem Burgerbrater Burger-King. Auch unserer Bundesregierung ist der Datenschutz nicht viel wert. So drängt das Bundesinnenministerium schon seit Monaten darauf, die Verbindungsdaten aus Internet-, Telefon- und Mobilfunkzugängen für ein halbes Jahr speichern zu lassen. Es geht um den Kampf gegen Terror – angeblich. Wie man an den wenigen Beispielen sieht, wird der Datenschutz behandelt wie eine nebulöse Erscheinung, welche nur auf dem Papier existiert.
Dass das Gesetz nicht das Geld wert ist, auf welchem es geschrieben steht, zeigt ein Blick in das Telekommunikationsgesetz (Teil 10), Straf- und Bußgeldvorschriften. Dort steht:
§ 148 Strafvorschriften
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer …
Aus dem Strafrecht ergibt sich folgende Kalkulation: maximal 720 Tagessätze zwischen 1 Euro und 5000 Euro können für eine Geldstrafe bei einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren angesetzt werden. Da nun wohl weder Herr Ricke noch Herr Zumwinkel in den Knast wanden müssen, wird es bei einer Geldstrafe bleiben. Rechnet man mit 1000 Euro Tagessatz, wären dies 720.000 Euro Gesamtstrafe. Diesen Betrag könnte die Deutsche Telekom problemlos aus der Portokasse zahlen. Einen größeren Schaden richtet da schon eher das ramponierte Image an, welche durch die Spitzelaffäre entstanden ist. Etwas befremdlich finde ich nebenbei erwähnt die Tatsache, dass die Telekom für die Bespitzelung auf einen Ex-Mitarbeiter der Abteilung Spionageabwehr der DDR-Staatssicherheit (Stasi) gesetzt hat. Laut Spiegel war bzw. ist der Mitarbeiter zwar bei einer externen Detektei angestellt, doch dies macht das Desaster nur noch größer.
Datenschutz? Was ist das?
Der Fall Telekom zeigt deutlich, dass der Datenschutz faktisch nicht vorhanden ist. Doch nicht nur bei den Konzernen wird der Datenschutz ignoriert, auch der einfache Bürger umgeht den Datenschutz freiwillig oder unwissentlich. Die Profile bei Xing, StudiVZ, SchülerVZ und den vielen anderen Community-Portalen zeigen, dass die Bürger keinen gesteigerten Wert auf den Datenschutz legen. Sie breiten freiwillig ihr (gesamtes) Leben in den Portalen aus und ermöglichen damit Firmen das problemlose Scanning (Datenabgleich). Vielen sind die Folgen dieser „Geschwätzigkeit“ gar nicht bewusst, andere ignorieren die möglichen Konsequenzen nach dem Motto „Ich hab eh nichts zu verbergen.“ Wenn also der Datenschutz schon von den Bürgern nicht erst genommen wird, wie soll man dann erwarten, dass Konzerne sich an die gesetzlichen Vorgaben halten?
Jetzt, nachdem der Datenschutz bei der Telekom in den Brunnen gefallen ist, kriechen die Politiker aus ihren Löchern und fordern eine Verschärfung des Datenschutzes. Höhere Strafen, bessere Überwachung der (eingehaltenen) Maßnahmen und generelle Änderungen am Telekommunikationsgesetz stehen auf der Agenda. Dies wird allerdings kaum oder gar nicht das Verhältnis der Bürger zum Thema Datenschutz ändern. Viel wichtiger wäre es – meiner Meinung nach – die Bürger auf das Thema Datenschutz zu sensibilisieren. Erst wenn der Bürger die Vorteile eines Datenschutzes erkennt und ihm die Nachteile bei Verletzung des selben klar werden, wird er bereit sein, den Schutz seiner Daten stärker einzufordern. Und erst wenn dies in der breiten Masse sich durchgesetzt hat, werden sich auch Firmen und Konzerne sich gezwungen sehen, den Fokus auf den Datenschutz zu stärken.
Höhere Strafen schrecken DAX-Konzerne nicht wirklich ab. Wenn es um die „Gefahrenabwehr“ der Konkurrenz geht, ist den Unternehmen jedes Mittel recht. Solange die Kosten bzw. Strafen nicht den erzielten Gewinn übersteigen, rechtfertigen die Konzerne dies mit der Gewinnmaximierung bzw. Abgrenzung zu den Mitbewerbern. Und solange niemand etwas davon erfährt, ist das Vorgehen auch nicht sonderlich schlimm – schließlich weiß niemand etwas davon, niemand hat etwas in Auftrag gegeben und an keiner Person ist ein Schaden entstanden. Es kommt immer nur auf die Auslegung an 😉