Der heise-Relaunch und die wütenden Leser

Der Heise-Verlag mit seinem Internetangebot www.heise.de gilt als das Flagschiff in der deutsprachigen Berichterstattung, wenn es um die Themen Computer, Hardware, Software und Informationstechnoligie geht. Mehre Hundertausend Seitenaufrufe zählt die Website von Heise jeden Tag. Doch nicht nur wegen seinen stets aktuellen und journalistisch anspruchsvollen Beiträgen ist Heise in der IT-Branche beliebt. Die Website von Heise zeichnet sich vor allem durch schnelle Ladezeiten und bis dato relative Browserunabhängigkeit aus. Das Design ist zwar schon seit längerer Zeit aus der Mode geraten, doch daran störte sich kaum ein Leser.

Bis zum heutigen Tage. Dienstag, der 12. August 2008 wird bei sehr vielen Heise-Lesern als rabenschwarzer Tag in die Geschichte eingehen. Heise hat ohne Vorwarnung das Design der Website umgestellt und damit eine Welle der Entrüstung losgetreten.

So präsentiert sich der neue Auftritt auf einem Bildschirm mit einer Auflösung von 1024 x 768 Pixeln. Viel Inhalt ist auf den ersten Blick nicht mehr zu erkennen. Wo zuvor schnell und einfach die neusten Nachrichten zu finden waren, klebt nur erst seitenbreit Werbung gefolgt von ausgewählten Hauptthemen. Man habe sich, laut Redation, nach über 4 Jahren vom alten Design getrennt, um dem technischen Fortschritt (XHTML und CSS) zu folgen. Übersichtlicher strukturiert soll es nun sein und der HTML-Code wäre nun „sauber“.

Die Entrüstung der Leserschaft ließ nicht lange auf sich warten. Fast 12 Stunden nach Bekanntgabe der Änderung zeigt das entsprechende Forum über 3600 Beiträge. Das ist seltener Rekord für eine Meldung. Doch die Beiträge sind zu 90 prozent vernichtender Natur. Die Reaktionen reichen von wüsten Beschimpfungen bis hin zu Boykottaurufen. Eine große Mehrzahl zeigt eklatante, handwerkliche Fehler auf:

  • Wo früher schnell die neusten Nachrichten zu sehen waren, findet sich nun relativ unwichtiger Inhalt. Scrollen gehört zukünftig zu den Hauptaufgaben eines Heise-Lesers, möchte er einen schnellen Überblick über die News erhalten.
  • Der Inhalt wanderte komplett nach links. Die linke Navigationsleiste wurde aufgelöst und an anderen Stellen wieder eingebunden. Doch auf vielen anderen Seiten erscheint an der linken Seite wieder ein Navigationsmenü. Einheitlichkeit war einmal.
  • Das Design wächst nicht mit der Bildschirmauflösung mit sondern „klebt“ mit einer fixen Breite von 1024 Pixel an der linken Seite.
  • Viele Leser werfen dem Verlag vor, dass technisch nicht versierte Entscheidungsträger beim neuen Design das Sagen gehabt hätten. Aus ergonomischer Sicht sei das neue Design ein kompletter Reinfall.
  • Die Werbung überwiegt vor dem Inhalt.
  • Nach dem Relaunch hat heise.de sein individuelles, wenn auch altbackenes Gesicht verloren. Nach dem Relaunch sei es nicht mehr von der Konkurrenz golem.de zu unterscheiden.

Wie schnell man seine Leserschaft gegen sich aufbringen kann, zeigt dieser markante Fall auf eindrucksvolle Art und Weise. Die Kritiken der Leser strahlen mittlerweile auch auf andere Newsmeldungen ab. Fast in jeder neuen Tickermeldung finden sich mehrere, teilweise hämische Einträge, Heise hätte heute seine Website zu Grabe getragen.

Die Kritiken der Leser sind größtenteils gerechtfertigt. Andererseits fällt es immer schwer, sich von alten und liebgewonnenen Dingen zu verabschieden. Heise hätte gut daran getan, die Umstellung Stück für Stück vorzunehmen. So wäre der morgendliche Schock für viele nicht so massiv gekommen.
Wenn sich jetzt noch ein IT-Newsportal findet, welches dem alten Heise-Leser genau jene alten und liebgewonnenen Eigenschaften bietet, könnte Heise auf einen Schlag einen Großteil seiner Leserschaft verlieren. Doch so wie es aussieht, sucht man solch ein Konkurrenzportal vergebens.

Daher werden sich die Wogen auf heise.de nach spätestens zwei Wochen geglättet haben. Man wird sich an das neue Design gewöhnt und es mehr oder weniger in dieser neuen Form akzeptiert haben. Die Reaktionen zeigen aber auch, dass man als Verlag nicht zu stursinnig sich über die Wünsche seiner Leser hinweg setzen sollte. Schließlich sind diese die Haupteinnahmequelle.

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