Manchmal traut man kaum seinen Augen, wenn man eine Nachricht liest. So auch bei dieser Verlautbarung aus dem Bundesrat:
Laut Beschluss sollen Anbieter von Tele- und Mediendiensten dazu verpflichtet werden, „für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum“ Auskunft über Daten wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen zu geben.
Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Vereinheitlichung des elektronischen Geschäftsverkehrs (ElGVG)
Beim ersten Durchlesen findet man kaum Anstoß an der Forderung. So ist es heute schon Gang und Gebe, einen Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft zu stellen, um beispielsweise eine Urheberrechtsverletzung geltend zu machen. Auch wer in eine politische Straftat verwickelt ist, kann Post vom Staatsanwalt bekommen. Der Weg führt allerdings immer über unsere Justizia, welche bis dato die Immunität und Anonymität einer Person aufheben konnte. Zugleich prüfte die Anwaltschaft die Rechtmäßigkeit einer genannten Forderung bzw. überprüfte die Rechtsverletzung. Erst dann war der Weg frei für eine Anklage oder eine Unterlassungsforderung.
Die Zeiten ändern sich, und damit wohl auch unser Rechtsstaat. Zu recht?
Fließt der oben genannte Beschluss in geltendes Gesetz, so könnte sich einiges für den Bundesbürger ändern. Hier ein paar (fiktive) Beispiele:
- Sie suchen im Internet nach Bastelanleitungen für Bomben. Rein zu informativen Zwecken. Nicht jeder gebildete Mensch baut mit seinem Wissen sofort Massenvernichtungswaffen. Dies könnte sich allerdings als grober Fehler erweisen. Denn zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten könnte plötzlich eine Polizeitruppe vor Ihrer Haustür stehen. Schließlich musste Ihr Internetanbieter Auskunft darüber erteilen, wer sich diese Bombenbauanleitungen angeschaut hat.
- Sie finden im Internet ein lang gesuchtes Musikstück Ihres heimlichen Popstars. Ihnen ist nicht bekannt, ob es sich dabei um eine illegale Kopie eines Originals handelt. Egal. Der dazu passende Urheber bzw. dessen Vertreter wird samt Anwalt bei Ihnen die nötigen Tantiemen einfordern. Ihre Anschrift bekommt er bei Verdacht direkt von Ihrem Internetanbieter.
- Sie machen bei einem Telefonat mit einem netten Kollegen derbe Scherze über einen möglichen Angriff auf ein Atomkraftwerk. Manchmal hat man einfach seine lustigen Tage und schlägt dabei verbal über die Stränge. Unterlassen Sie in Zukunft solche Kalauer. Der BND (Bundesnachrichtendienst) hört mit und wäre mit dem neuen Beschluss nur einen Mausklick von Ihren Stammdaten entfernt.
Der Überwachungsstaat wird mit dem neuen Beschluss ein gutes Stück größer und der Weg zur Anklage ein paar Instanzen kürzer. Vielleicht ist es in der nahen Zukunft schon ein Vergehen, wenn Sie diesen Blog hierzu lesen. Und der Verfasser dieses Blogs sitzt für solch offenen Worte eh schon längst beim Verfassungsschutz auf dem Verhörstuhl.
Verdrehte Welt im Rechtsstaat Deutschland.