Usain Bolt läuft allen davon. Er jagt und schlägt bereits den zweiten Weltrekord bei den aktuell stattfindenden Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin. Am Sonntag hatte er bereits bei der 100 Meter Strecke einen neuen Weltrekord von 9,58 Sekunden hingelegt. Jetzt letzten Donnerstag hat er bei seiner Lieblingsstrecke, die 200 Meter, einen erneuten Weltrekord hingelegt. Nach 19,19 Sekunden stoppte die Uhr. Für jeden neuen Weltrekord gibt es vom Veranstalter eine sechsstellige Bargeldprämie. Somit dürfte er alleine durch seine beiden Auftritte in Berlin mehr als 200.000 Euro gewonnen haben. Da erscheinen die „billigen“ Goldmedaillen komplett als Nebensache.
Usain Bolt hatte zuletzt bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking die vorherige Bestmarke von 19,30 Sekunden bei den 200 Metern gesetzt. Doch gestern in Berlin deklassierte er alle seine Mitläufer. Mit einigen Metern Vorsprung spurtete er völlig leicht über die Zielmarke. Und dies schaffte er komplett ohne Doping? Die Frage ist berechtigt, denn das Kriterium Ausnahmeathlet kann kaum die einzige Begründung für seine Fabelzeiten sein.
Schon lange vergessen sind die Rekordläufe von Ben Johnson. Dieser lief bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul ebenfalls neue Fabelzeiten und die ganze Sportwelt war begeistert. Bis zu dem Zeitpunkt, als bei den kanadischen Athleten in der Urinprobe das synthetische anabole Steroid Stanozolol nachgewiesen wurde. Die Goldmedaille wurde ihm aberkannt und er bekam eine lebenslängliche Sperre.
Bei den 100 und 200 Meter Läufen liegen die Unterschiede im Hundertstel-Bereich. Neue Rekorde sind somit nur im begrenzten Maße möglich. Wenn nun ein Usain Bolt neue Rekorde aufstellt und dabei auch noch seine Mitläufer derart deklassiert, sollte man zweimal hinschauen. Wenn er sich clever verhält, lassen sich die Einnahmen von Steroiden nicht nachweisen. Wenn die Presse sich hingegen clever verhalten würde, wäre sie bei den neuen Weltrekorden nicht ganz so enthusiastisch. Denn kritische Stimmen sind kaum oder gar nicht zu hören. Man möchte sich wohl nicht die Leichtathletik-Party verhageln lassen. Doch kritisch nachfragen oder hinterleuchten sollte man seine Fabelzeiten vielleicht schon.