Die vereitelten Anschläge in Großbritannien haben es zuletzt wieder gezeigt: der wahre Terrorist lebt unscheinbar – so wie Du und ich.
Rechtfertigt dies die Totalüberwachung der ganzen Bevölkerung? Werden wir jetzt aberwitzig alle unter Generalverdacht gestellt? Ist das sinnvoll? Lässt sich damit Terror bekämpfen? Schürt man damit nicht noch mehr die Hysterie und die Panik vor einem Anschlag?
Kann eine Videoüberwachung einen Anschlag vereiteln? Nein. Wie auch. Außer die Videokameras werden demnächst mit Selbstschussanlagen ausgestattet. Herr Schäuble muss dazu nur das Grundgesetz entsprechend ändern. Was hat dann die Videoüberwachung für einen Sinn? Damit der Staat und die entsprechenden Organe nach einem (verteilten oder erfolgreichen) Anschlag sagen können: hier schaut auf die Bilder, das waren die Übeltäter. Der Anschlag passierte trotzdem.
Wieso werden auf Spielplätzen keine Videokameras aufgestellt? Damit könnte man problemlos Pädophile überführen. Ok, auch die Mütter und Väter wären ständig unter Vollüberwachung. Aber so lange man nichts anstellt, hat man ja auch nichts zu verlieren. Nur, was ist mit Privatsphäre? Gibts nicht mehr. Wird im Grundgesetz gestrichen. Unser Innenminister, der wie auf Schienen dahin fährt, wird für eine entsprechende Änderung sorgen (müssen).
Wieso werden in Autos keine Blackboxen eingebaut, so wie im Flugzeug oder teilweise schon bei Lastkraftwagen. Jedes Jahr sterben auf deutschen Straßen über 7000 Personen. Die Schuldfrage kann in sehr vielen nicht eindeutig geklärt werden. Hauptursache ist jedoch Alkohol in Verbindung mit überhöhter Geschwindigkeit. Eine Blackbox würde die Fahrer auf psychologischer Ebene dazu zwingen, möglichst korrekt zu fahren. Oder auch ein Aufprallwarnsystem im Auto wäre mal eine Alternative gegen die Komplettüberwachung der Bevölkerung.
Wir geißeln uns durch die Komplettkontrolle selbst. Wir führen unsere erkämpfte Freiheit ad absurdum. Die Regulierung offener Kommunikationswege und Überwachung jedes einzelnen Schrittes führt uns unweigerlich in eine Spirale der Kontrollsucht. Es wird nicht mehr lange dauern, bis der erste Nachbar aufsteht und wissen möchte, welche Atomanlage sein Nachbar in der Badewanne installiert. Auch neue Formen des Nachbarschaftstreiks sind denkbar. Es geht dann nicht mehr um überhängende Baumäste sondern darum, dass Nachbar A entzürnt ist über die vier Videokameras von Nachbar B, welche direkt auf sein Schlafzimmer gerichtet sind. Und woher hat Nachbar B eigentlich das viele Geld? Schwarzarbeit? Das könnte man doch durch einen privaten „Bundestrojaner“ heraus bekommen. Hobbys einmal anders.
Terror ist die gefühlte und vermittelte Gefahr vor Anschlägen. Je mehr wir uns die Terrorgefahr einreden, umso mehr paranoid werden wir im Kopf. Je mehr überwacht wird, umso höher steigert sich die Paranoia, ob wirklich alles zu 100 Prozent überwacht und kontrolliert wird. Gibt es noch unentdeckte Schlupflöcher? Was kann man noch überwachen? Der Terror wird dadurch nicht kleiner. Im Gegenteil. Durch die gesteigerten Wahnvorstellungen verliert die Bevölkerung den vorurteilsfreien und geklärten Blick für das freie und unkontrollierte Leben.
Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 300.000 Menschen an einem unnatürlichen Tod (Alkohol, Unfall, etc.). Was wird dagegen getan? Nicht viel. Was wird allerdings unternommen für ein paar handverlesene Idioten, welche in Deutschland bis jetzt noch keinen Anschlag erfolgreich verüben konnten? Sehr viel. Die komplette Bevölkerung wird in den Überwachungsmechanismus mit einbezogen. Besser ist besser. Die DDR hat auch 40 Jahre mit dieser Tortur überlebt. Vielleicht klappt es jetzt etwas länger.
Wir werden mit der vollkommen irrsinnigen Vollüberwachung höchstens einen von zehn Anschlägen verhindern können. Die restlichen neun Anschläge verlaufen entweder erfolgreich für die Attentäter oder erfolgreich für die Bevölkerung, weil handwerkliche Fehler oder sonstige Planungsfehler den Attentatsversuch scheitern ließen. Am Schluss sterben vielleicht(!) 500 Menschen durch ein erfolgreiches Attentat. Traurig, aber ohne Polemik zu verwenden, sie wären mit oder ohne Überwachung gestorben. Und dies ist nun die Legitimation für Schnüffelmethoden jeglicher Art?
Unser Innenministerium auf dem Weg zur Stasi-Zentrale.
Meiner Meinung nach ist der Terror nur ein Vorwand. Es geht nicht wirklich um die Verfolgung von ein paar – meist ausländischen – Terroristen. Ich bin der Meinung, es geht in den Häusern von Herrn Schäuble um weitaus mehr. Pässe mit RFID, Überwachung von Kommunikationswegen (Telefon, Handy, Internet), Sammlung von Flugdaten, Mautdaten und Gesundheitsdaten. Im Innenministerium und beim BND ist jeder Bürger ein Feind des Staates. Man kann nicht nur Terroranschläge planen. Auch der Volksaufstand kann so entstehen. Natürlich lassen sich dadurch jegliche Gruppierungen (Linke, Rechte, Kriminelle) besser überwachen und verfolgen. Nur, wer legt fest, ab wann wir als links, rechts oder kriminell einzustufen sind? Und was ist mit dem normal lebenden Durchschnittsbürger? Der landet gleich mit auf dem Datenhaufen, weil Menschen können sich über die Jahre ändern. Gesinnungen können sich verändern, der Freundeskreis kann wechseln, die finanzielle Ausstattung kann sich unerwartet erhöhen, alles Anzeichen für einen möglichen Feind im Land.
Unser Innenministerium ist krank und paranoid. Die (alten) Herren wandern auf gefährlichen Spuren. Die DDR zum Vorbild, mit dem Terror als Vorwand und mit den USA als Verteidiger installiert man immer weitere Kontrollorgane und Möglichkeiten zur (Voll-)Überwachung. Wohin soll das noch führen? Das Problem ist nur, dass die Nachfolger im Innenministerium wahrscheinlich ebenso krank und paranoid sein werden. Außerdem, wer ist im BMI schon so blöd und wird etablierte Kontrollmöglichkeiten wieder abbauen, nur dem Volkswillen zu Liebe und zur Beruhigung der Volksseele? Nichts wird zurückgenommen werden.