Die Gerechtigkeit auf den Kopf gestellt

Harte Fakten: ca. 80 Prozent des deutschen Gesamtvermögens befindet sich in der Hand von 20 Prozent der Bevölkerung. Die restlichen 20 Prozent des Vermögens verteilen sich auf die restlichen 80 Prozent. Und ca. 50 Prozent der Bevölkerung besitzt gar kein oder nur ein ungenügend kleines Vermögen. Beim Thema Vermögen zeigt sich am eindrucksvollsten, wie ungerecht das Leben ist. Mit der Akzeptanz dieser Lage ist es jedoch nicht getan. Denn je weiter sich die finanziellen Lager voneinander trennen, desto größer werden die Spannungen in der Bevölkerung. Wenn irgendwann 90 Prozent der Menschen (in Deutschland) nicht nur neidisch sondern mit Hass auf die 10 Prozent Superreichen blicken, sind (ernste) Konflikte mehr oder minder vorprogrammiert. Oder wir erleben eine richtige Abschaltung der reichen Bevölkerung, welche sich dann in überwachten und umzäunten Gebieten sich ihr (kleines) Idyll basteln.

Nettovermögen© Grafik: Deutsches Institut für Wirtschaft (DIW)

Doch nicht nur beim Thema Vermögen trennen sich die Lager. Schon bei der Abgabe von Steuern ist die Gerechtigkeit grotesk auf den Kopf gestellt. Jeder kleine Steuerzahler wird verpflichtet, auf den Cent genau seine Steuerklärung abzugeben. Und zudem steht jedem Bürger nur ein Freibetrag von 800 Euro zur Verfügung. Reiche nutzen hingegen die Möglichkeit, ihr Vermögen über Stiftungen ins Ausland zu tragen. Dies ist nicht nur legal(!?) sondern wird immer noch von fast allen europäischen Staaten geduldet. Hier bringt es das Sprichwort „eine Krähe hakt der anderen kein Auge aus“ sehr gut auf den Punkt.
Prinzipiell brauchen wir uns über das „Phänomen“ Schwarzarbeit nicht wundern. Auch wenn der Zoll massenweise gegen Schwarzarbeit vorgeht, so fehlt schlussendlich doch die Akzeptanz in der Bevölkerung. Solange die Superreichen legal ihre Millionen nicht versteuern müssen, solange wird auch das einfache Volk nicht bereit sein, jeden Cent geflissentlich zu versteuern.

Auch auf der ethischen Ebene steht die Welt mittlerweile kopf.
Die Bahn bespitzelte fast ihren kompletten Mitarbeiterstamm. Anfangs waren es „nur“ 120.000 Mitarbeiter, später waren es schon 180.000 und am Ende der Geschichte gab die Bahn zu, alle 230.000 Mitarbeiter überwacht zu haben. Als Begründung gibt der Konzern an, die Bespitzelung diene der Recherche nach unlauterem Wettbewerb und Aufträgen an befreundete Firmen bzw. Personen. Der Bahnkonzern hingegen nutzt alle (erlaubten) Tricks, um seine Steuern möglichst gering zu halten. Die Auslagerung in Subfirmen und die Verschiebung der Firmen in Steuerparadiese macht es möglich.
Der Betriebsrat hat ebenfalls Kreide gefressen. Nachdem der Bahn-Vorstand die Überwachung zugegeben hatte, hat der Betriebsrat seine Rücktrittsforderung von Hartmut Mehdorn wieder zurück gezogen. Wenn dies ein aufrichtiger und konsequenter Betriebsrat sein soll, frage ich mich ernsthaft nach der Gerechtigkeit und der eigentlichen Macht des Bahn-Betriebsrates.

Unsere Regierung verhält sich in dieser Beziehung kein Stück besser. Die Lobbyisten regieren bei vielen Entscheidungen mehr als die Volksvertreter selbst. Die großen Konzerne nutzen bis in die tiefste Instanz ihren Lobbyismus. Das Volk mit seinen Forderungen und Wünschen bleibt dabei meist komplett auf der Strecke. Denn unsere Regierung regiert in erster Linie nach den Wünschen unserer Konzerne und Wirtschaftsvertretungen.

Der Sinn der Gerechtigkeit funktioniert nur, wenn dabei keiner benachteiligt wird. Es ist allerdings mehr als offensichtlich, dass die Gerechtigkeit derzeit regelrecht kopf steht. Und es ist nicht abzusehen, dass sich an der Situation so schnell etwas ändern wird. Kritisch ist dabei „nur“ die Tatsache, dass diese Ungerechtigkeit fast dem kompletten Volk schadet.

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