NSA: Filter, Maschinen und Kaffeesatzleserei

Jeden Tag fallen Milliarden von Verbindungsdaten an. Jeden Tag werden Milliarden von Kurznachrichten und E-Mails versendet. Jeden Tag entstehen Datenmengen, die für den menschlichen Verstand unfassbar groß sind. Möchte man den Datenverkehr kontrollieren, geht dies nur mit dem Einsatz von Computertechnik. Softwareprogramme, in diesem Fall spezielle Internet-Filter, durchsuchen und protokollieren die Daten.

Wie solche automatischen Filter arbeiten, hat zuletzt Coca-Cola mit der Werbeaktion „Trink ’ne Coke mit ..“ bewiesen. Bei der Aktion kann man das Etikett mit einem Namen bedrucken lassen. Damit keine Sprüche wie „Trink ’ne Coke mit Spakko“ möglich sind, bedient sich der Konzern einer Blacklist. Ein Filter sucht nach nicht erlaubten Begriffen – und natürlich auch Teilen davon. Wer für „Janus“ ein Etikett drucken möchte, scheitert an der Technik, da im Vornamen „Janus“ auch das verbotene Wort „anus“ steckt.

Die NSA hat es mit ganz anderen Datenmengen zu tun. Informationen von Edward Snowden deuten darauf hin, dass monatlich über 500 Millionen Datensätze (alleine für Deutschland) kontrolliert und ausgewertet werden. Dies kann nur durch den Einsatz von Computern bewerkstelligt werden. Doch hinter jeder Technik stecken Menschen. Und Menschen entscheiden darüber, was überwacht und kombiniert werden soll. Wenn ich persönlich oft genug die Worte „Mohammed“ und „heiliger Krieg“ erwähne, steigt mein Monitoring-Score sicherlich an. Kenne ich noch andere Freunde und Journalisten, die über „Mohammed“ und den „heiligen Krieg“ reden oder berichten, steigt mein Überwachungspunktestand weiter und der Punktestand meiner Freunde ebenfalls.

Man kann relativ einfach und schnell auf solchen Überwachungslisten landen. Es ist nur die spannende Frage, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Werde ich bei einer Einreise in die USA speziell untersucht, wenn mein NSA-Score hoch genug ist? Werde ich auf dem PC oder dem Smartphone mit einer Spyware beschattet? Werden andere Geheimdienste (anderer Länder) ebenfalls involviert? Welche Punkte führen zu einer gezielten Überwachung? Und wie lässt sich erfahren, ob die Beschattung rechtens und nicht völlig willkürlich erfolgt?

Muss man zukünftig darauf achten, möglichst keine gesperrten Wörter zu nutzen? Muss man die privaten Freunden selber auf den Prüfstand stellen? Sollte man gar den Kontakt zu zweifelhaften Personen meiden, weil deren Querverbindungen negative Auswirkung auf den persönlichen Monitoring-Score haben könnten? Und kann man irgendwo seinen eigenen Index abfragen? Gibt es gar Möglichkeiten für einen Reset?

Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Menschen sind zudem bestechlich. Und unter Umständen sind sie wenig loyal ihrem Auftraggeber gegenüber; siehe Edward Snowden. Durch die letzten Enthüllungen hat sich die NSA dazu entschlossen, 90 Prozent ihrer Systemadministratoren zu entlassen und durch Maschinen zu ersetzen. Werden wir bald von Maschinen regiert? Vertrauen wir zukünftig einem Algorithmus mehr als dem gesunden Menschenverstand? Die NSA-Affäre hat ordentlich an den Grundpfeilern der Rechtsstaatlichkeit gewackelt und das Vertrauen in die Politik ist so gut wie verloren.

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