Das Wort Opposition, von dem spätlateinischen „oppositio“ – also „das Entgegengesetzte“ – abstammend, fand man auf der politischen Bühne in Berlin zuletzt äußerst spärlich. Obwohl die SPD, das Bündnis Grünen und die Linke sich in der Opposition befinden, war und ist es am Ende immer eine graue Soße. Große Kritik hat man in den letzten Monaten vergeblich gesucht, weil die Konsenskanzlerin Merkel immer die Gemeinsamkeit gepredigt hat. Man müsse in Krisenzeiten zusammenhalten und gemeinsam unliebsame Entscheidungen treffen. Weil nur so kommt man durch Krisen. Das klingt wie kollektives Saufen. Nur wenn alle gemeinsam einen Rausch haben, ist der Kater danach besser zu ertragen.
Doch was tut sich dieser Tage in Berlin? Die Tante SPD wird auf ihre alten Tage noch aufmüpfig. Man findet wieder zu sich selbst; vor allem entdeckt man wieder die Daseinsberechtigung einer Opposition. Man ist „einfach“ gegen die Vorschläge aus der Regierung. Konkret geht es um den Finanzierungskredit für Griechenland. Die SPD möchte am Freitag geschlossen gegen das Finanzierungspaket stimmen. Der Krach ist bereits jetzt schon vorprogrammiert. Die FDP zischelt bereits gegen die Sozialdemokratien, ihr verhalten wäre unangepasst. Die Grünen gehen ihren eigenen Weg und biedern sich – drei Tage vor der Landtagswahl in NRW – geradezu bei der CDU an. Sie wollen für Griechenlands Notkredit stimmen.
Die SPD ist sauer. Denn ihr gehen die Regelungen für den Finanzmarkt nicht weit genug. Hauptsächlich geht es dabei um die Finanztransaktionssteuer. Die Finanztransaktionssteuer – auch Tobin-Steuer – ist keine neue Erfindung. Bereits 1972 hatte der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler James Tobin diese Steuer für internationale Devisengeschäfte vorgeschlagen. Die Zeit wäre reif dafür. Doch die Regierung aus CDU und FDP wehrt sich vehement gegen die Einführung dieser Steuer. Denn sie weiß genau, dass sie sich damit bei ihren eigenen Geldgebern (Deutsche Bank, Postbank, Hypo Real Estate, u.v.a.) unbeliebt macht.
Die SPD hingegen ist aus ihrer Schockstarre nach der verlorenen Bundestagswahl im Oktober 2009 erwacht und hat urplötzlich wieder ihre soziale Ader entdeckt. Weniger Schmeicheleien mit den großen (Geld-)Konzernen, dafür mehr Liebe für den Sozialstaat. Und irgendwo muss man der SPD auch recht geben. Erst im letzten Jahr wurde das deutsche Finanzsystem mit ca. 500 Mrd. Euro vor dem Chaos gerettet. Nun sollen bereits wieder mit zig Milliarden der Finanzmarkt bzw. einzelne Länder gestützt werden. Seltsamerweise machen dabei die Geldverleihhäuser wie die Deutsche Bank von Jahr zu Jahr immer größere Gewinne. Da muss ein Zusammenhang darin bestehen. Die Finanztransaktionssteuer würde einen Teil der Gewinne aus Spekulations- und Devisengeschäften wieder zurück zum Staat fließen lassen; im Umkehrschluss werden ein Teil der Finanzprodukte weniger attraktiv. Doch ist dies wirklich so schlimm?
Die CDU/FDP möchten den Banken nicht auf die Füße treten, weil dies angeblich schlecht für die Wirtschaft wäre. Doch dies sind alles nur Vermutungen. Bis heute hat noch niemand das Gegenteil getestet. Wie lange würden die Banken wohl sich zickig verhalten, wenn sie plötzlich 0,1 Prozent auf alle Transaktionsgewinne zahlen müssten?
Es ist endlich mal wieder spannend in Berlin. Die Gegner im politischen Karussell waren selten so deutlich zu erkennen wie dieser Tage. Und wenn die SPD zu sich selbst und ganz vor allem zu ihren sozialdemokratischen Wählern steht, könnten die nächsten Wochen noch spannend werden. Wenn jetzt am Sonntag in Düsseldorf die CDU auch noch ihre absolute Regierungsmehrheit verliert, ist nicht nur Jürgen Rüttgers zu Tode getrübt. Dann muss sich auch Angela Merkel fester an ihren Stuhl anschnallen.