Heute Abend wird es wieder bunt unter den deutschen Weihnachtsbäumen. Große und kleine Päckchen, einfache und aufwendige Geschenke, günstige und teure Präsente werden unter dem Gabenbaum liegen. Bei vielen wird es wieder lange Gesichter geben, weil sie nicht das geschenkt bekommen, was sie sich gewünscht haben. Wieder andere werden wegen den vielen Gaben sich auf das einzelne Geschenk gar nicht richtig konzentrieren können. Und wieder andere werden völlig enttäuscht sein, weil es in der ganzen Wohnung nicht einmal nach Plätzchen duftet. Geschweige denn, dass es überhaupt Geschenke geben wird.
Weihnachten ist das Fest der Liebe, der Harmonie und der Familie. Doch meistens verläuft es anders in deutschen Stuben, wenn das Christkind an der Tür klingelt. Man zankt sich wegen Nichtigkeiten, hat übersteigerte Wünsche was die Geschenke betrifft, kippt sich eventuell zu viel Alkohol hinter die Binde und verkracht sich dann erst recht. Oder es läuft einfach nicht so programmiert-harmonisch, wie man es erwartet hat. Zu Weihnachten wird am meisten gestritten und am Heilig Abend begehen die meisten Menschen einen Selbstmord (besser gesagt, sie wählen den Freitod).
Wir verschwenden Unsummen und Ideen einzig und allein an Weihnachten für Geschenke. Die restlichen Wochen des Jahres hingegen macht man sich über seine Mitmenschen kaum Gedanken. Rund um Weihnachten mutieren wir zu kollektiven Trüffelsuchern. Angestrengt oder gar krampfhaft quälen wir uns durch übervolle Einkaufspassagen oder durchforsten stundenlang einen Internetshop nach dem anderen. In der Hoffnung wir finden das passende Geschenk für unsere Liebsten. Und dann hängt auch noch das plagende Gewissen im Raum: ist mein Geschenk eventuell ebenso viel Wert wie die Gegengeschenke, die ich bekommen werde? Blamiere ich mich mit meinem Präsent? Kommt es gut an?
Weihnachten ist die reinste Kommerzparade. Es geht uns allen nur ums Schenken und ums Beschenkt werden. Je teurer das Präsent ist, desto eindrucksvoller ist der erhoffte Neid. Kinder bekommen Multimedia-Elektronik, Frauen erhalten Pralinen oder Parfüm und Herren die gehassten SOS-Geschenke (Socken – Oberhemd – Schlips). Es ist zwar rühmlich, dass die Läden ihren notwendigen Umsatz machen. Schließlich erhalten wir uns mit unserer Konsumwut den eigenen Arbeitsplatz. Doch in einer stillen Minute – in der eigentlich stillen Nacht – sollte man auch ein paar liebe Gedanken und Gesten schenken. Bezahltes Glück ist nicht alles, was man zu Weihnachten schenken kann.