Der 27. März 2011 könnte in die Geschichtsbücher eingehen als der Tag, an dem die große Wende begann. Nach 58 Jahren muss die CDU im Baden-Württembergischen Landtag sich mit der Rolle der Opposition zufrieden geben. Der fulminante Sieg der Grünen ist nicht nur mit der Naturkatastrophe in Japan bzw. dem Atomkraftswerks-GAU in Fukushima zu erklären. Die CDU in Baden-Württemberg hatte in den letzten Monaten mehrfach große Fehlentscheidungen getroffen und sich gegen das eigenen Wählervolk gestellt. Herr Stefan Mappus (Ex-Ministerpräsident) war und ist dabei eine der zentralen Figuren.
Der Wähler ist mündig, der Wähler ist informiert. Und der Wähler nutzt seine politische Kraft der Stimmvergabe. Nach dem derzeitigen Stand wurde bei der Landtagswahl 2011 eine Wahlbeteiligung von ca. 66 Prozent erreicht und damit nach der Wahl im Jahr 1996 mit 67,6 Prozent eine Trendwende eingeläutet. Zu schmerzhaft waren wohl für viele Wähler die Entscheidungen der Baden-Württembergischen CDU.
Dies begann mit der Durchsetzung zum Bau des unterirdischen Bahnhofs Stuttgart-21. Die Kosten explodierten geradezu und viele Menschen verstehen bis heute nicht, wieso ein Bahnhof mehrere Milliarden Euro kosten soll. Zudem ist der erreichbare Nutzen immer noch nicht so recht nachweisbar. Mit Stuttgart 21 wollte sich die CDU in Baden-Württemberg ein in Beton gegossenes Denkmal setzen.
Dem folgten die Proteste zu Suttgart-21. Hier machte Stefan Mappus den ersten kapitalen Fehler. Er setzte gegen friedliche demonstrierende Menschen Wasserwerfer ein. Außerdem verteidigte er sein Vorgehen nachträglich ausdrücklich. Zudem beschimpfte er die Protestanten als Blockierer einer modernen Infrastruktur. Wenn aber Hunderttausende auf die Straße gehen und an Demonstrationen teilnehmen, sollte man es tunlichst vermeiden, die aufgeheizte Stimmung noch weiter an zu feuern.
Und dann war da noch die Sache mit dem Kauf von EnBW. In einem unbeschreiblichen Klüngelgeschäft hat Herr Mappus den Energieversorger EnBW mit Landesmitteln zurück gekauft. Mehrere Milliarden Euro mussten per Kredit aufgenommen werden, um das Geschäft zu realisieren. Der Plan von Herr Mappus war und ist, dass dank der Gewinneinnahmen von EnBW sich die Rechnung von selbst bezahlt. Blöd nur, dass vor zwei Wochen zwei wichtige Atomkraftwerke in Baden-Württemberg wegen dem Moratorium (vorerst) still gelegt wurden. Dies schmälert den Gewinn von EnBW und verschiebt damit die komplette Refinanzierung des Kaufs weit in die Zukunft.
Nun ist also passiert, was zwar viele schon haben kommen sehen, aber keiner für möglich gehalten hat. Die Grünen haben doppelt so viele Wählerstimmen erhalten wie noch vor 5 Jahren. Und so wie es derzeit aussieht, wird es in Baden-Württemberg den ersten Grünen Ministerpräsidenten geben (Winfried Kretschmann). Für Baden-Württemberg ist dies geradezu revolutionär. Das Land ist geprägt von schwarzen Strukturen bis runter auf die Kreisebene. Der Schwabe ist im Herzen schwarz und wählt CDU. Daran gab es in den letzten Jahrzehnten auch nichts zu rütteln: äußerst niedrige Arbeitslosenquote, große Konzerne und Firmen produzieren im Ländle, vorbildliche Schuldbildung und Wohlstand. Doch die Welt ist eben keine Scheibe sondern rund. Und auch der behäbige Schwabe erkennt, wenn er hinters Licht geführt wird oder sogar massiv gegen seinen Willen entschieden wird; das gilt übrigens auch für die Badenser.
Richtig schwierig wird es für die CDU (samt CSU und FDP) nun im Bundesrat. Nach dem Sieg der Grünen in Baden-Württemberg gibt es für das Lager aus CDU+CSU+FDP keine Mehrheitsverhältnisse mehr. Die SPD können zusammen mit den Grünen nun im Bundesrat jegliches Gesetz blockieren und somit die gesamte Arbeit der regierenden Bundes-CDU ausbremsen. Es wird also spannend in den nächsten Wochen und Monaten in der politischen Landschaft in Deutschland. Daher nochmals: Glückwunsch Baden-Württemberg. Ein politischer Wechsel ist nach vielen Jahrzehnten einseitiger Regierungsarbeit immer eine willkommene Alternative.