Bei Google knallen dieser Tage sicherlich die Sektkorken. Ohne große Zutun redet ganz Deutschland von dem Suchmaschinen-Primus aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Bundesregierung stolpert ins Internetzeitalter, die Häuslebesitzer stolpern über ihr eigenes Halbwissen, und die Presse stolpert über sich selbst. Seitdem Google angekündigt hat, in wenigen Wochen in Deutschland ihren Dienst „Google-Street-View“ frei zu schalten, schlagen die Emotionen und die Erregung hohe Wellen. Was ist dran an der Angst um Street-View?
Es ist das perfekte Sommerthema. In Berlin ist politisch derzeit nicht viel zu holen, da sorgt der amerikanische Suchmaschinenbetreiber Google für die Nachrichten. Der Dienst Street-View steht in der massiven Kritik, dass er die Privatsphäre der Bürger missachten würde. Viele wollen nicht „im Internet gesehen werden“. Die private Hausfassade hat niemand etwas anzugehen, so die landläufige Kritik vieler. Man hat Angst, Einbrecher könnten sich einen guten Überblick verschaffen oder Pädophile könnten die Kinder im Garten ausspionieren. Viele Mythen existieren rund um Street-View und viele Politiker erkennen die Ohnmacht im Volke und schlagen in die selbe Kerbe.
Es muss ein eindeutiger Datenschutz geschaffen werden, tönt es von so manchen Politheini aus Berlin. Selbst hat man keine bis nur geringe Ahnung über den Google-Dienst, aber im schlechte Reden halten ist man schließlich geübt. Statt besserer Aufklärung fordert man lieber einen stärkeren Schutz der Privatsphäre. Da nutzt es auch nichts, dass Street-View weitaus harmloser ist als Google-Maps.
- Alle sind betroffen.
Dies ist bereits die erste Lüge, welche von der Presse verbreitet wird. Betroffen sind zuerst einmal die Bewohner der 20 größten deutschen Städte. Wie weitreichend bekannt sein sollte, gibt es gerade in Großstädten viele Mietwohnungen. Wenn nun in Googles Street-View die Fassade des Mietshauses zu sehen ist, in welchem ich mit 20 anderen Mietparteien wohne, kann mir das herzlich egal sein. In den seltensten Fällen werden Hausfassaden von Hausbesitzern abgefilmt. Deren Sorgen sollte man natürlich ernst nehmen, doch dazu mehr. - Nicht dass mir einer in die Wohnung schaut.
Ein ganz großes Missverständnis bei Street-View scheint zu sein, dass die Menschen glauben, man könnte alles erkennen – quer einmal durch die ganze Wohnung. Die Aufnahmen werden zwar aus einer Höhe von ca. 2,90 m gemacht. Damit gelingt zwar der Blick über gewöhnliche Hecken und Mauern. Im Gegenzug werden allerdings alle Gesichter gepixelt. Nutzer von Street-View können später nicht erkennen, wer auf den gemachten 3D-Aufnahmen zu sehen ist.Auch kann nicht hinter Gebäudefassaden geschaut werden. Denn in Street-View sieht man nur das, was man auch sonst von der Straße aus sehen könnte. - In Google-Maps ist weitaus mehr zu sehen.
Derzeit wird noch die Hysterie um Street-View ausgenutzt, um nach besserer Privatsphäre zu schreien und dem Google-Imperium das Fürchten zu lehren. Doch wenn sich die angespannte Lage gelegt hat, werden viele feststellen, dass schon seit Jahren das komplette Anwesen im Internet zu betrachten ist. In Google-Maps kann man nicht nur die 20 größten Städte Deutschlands betrachten. Nein, jedes kleine Pussemuckel-Dorf ist dort auf den Straßennamen genau abrufbar.
Es ist fantastisch, wie eifrig unsere Politiker unsere Privatsphäre schützen möchten. Auf der anderen Seite lässt man jedoch keine Chance ungenutzt, den privaten Datenschutz auszuhöhlen. Jeden Tag werden Unmengen an Bewegungsdaten bei der Handynutzung gesammelt. Jeden Tag werden Unmengen an Daten bei Überweisungen gesammelt und sogar den USA mehr oder weniger bereitwillig zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2011 erfolgt eine Volkszählung, wobei ca. 10 Prozent der Bevölkerung persönlich befragt werden sollen. Und da soll ich mir ernsthaft Gedanken um Street-View machen? Die Ansicht der Häuserfassaden ist gelinde gesagt ein Witz im Vergleich zu dem, was täglich an Daten über uns gesammelt werden. Zwar kann man bei Street-View die Farbe der Häuserfront sehen, doch was im Garten dahinter sich befindet, das geht nur über Google-Maps. Und wer schon immer mal wissen wollte, ob der Nachbar einen Bunker oder einen Pool im Hinterhof gebaut hat, gibt die Adresse in Maps ein. Da ist es völlig egal, ob der Hausbesitzer seinen Widerspruch eingelegt hat bei Street-View.