Das Interview mit Frau Elsbeth Stern kann hier online nachgelesen werden. Kurz zusammen gefasst: zu viele Schüler werden aufs Gymnasium geschickt, obwohl sie eigentlich nicht ausreichend intelligent dafür sind. Das Ergebnis überforderte Schüler und überfüllte Hörsäle in den Universitäten. Und später sogar kann die Ausübung von Autorität als Kompensation möglich sein, so die Lernforscherin. Nach Ihrer Logik lassen sich die Intelligenten von Dummen am einfachsten durch Intelligenztests trennen.
Bei aller Bescheidenheit: so viel Blödsinn habe ich von einer intelligenten(?) Lernforscherin schon lange nicht mehr gelesen. Ginge es nach der Logik von Frau Stern, dürfte ich heute kein studierter Ingenieur sein, der selbständig und erfolgreich durchs Leben wandelt. Denn auf dem Gymnasium war ich keine besonders helle Leuchte. Französisch war mein persönliches Hassfach, was wohl auch die Französischlehrerin von mir gedacht hat. Mathematik war für mich als 15-Jähriger ein undurchschaubares System von viel zu vielen Zahlen. Die Noten waren Mittelfeld; dies blieb bis zum Abitur so. Dann folgte das Studium und die schlechte Phase wandelte sich.
Frau Stern hat mit einer Erkenntnis recht: auf deutschen Gymnasien gibt es zu viele Schüler und in Folge dessen werden die deutschen Hochschulen überschwemmt. Dies ist jedoch keine Frage der Intelligenz sondern liegt an den Anforderungsprofilen der Unternehmen. Mittlerweile sollte selbst der Pförtner ein studierter Ingenieur mit 2 Jahren Auslandserfahrung und vier Fremdsprachen sein. Statt über das Einordnen von intelligenten und weniger intelligenten Schulgruppen nachzudenken, sollte man sich die komplette Arbeits- und Berufswelt betrachten. Der Fisch stinkt bekanntlich immer zuerst vom Kopf her.
Spätestens bei der Frage nach dem Auswahlkriterium disqualifiziert sich die Lernforscherin von selbst. Ihrer Meinung nach sollte ein Intelligenztest die Dummen vom Gang aufs Gymnasium abhalten. Die Ermittlung eines IQ steht schon lange in der Kritik, weil er viele Faktoren nicht berücksichtigt und darüber hinaus viele Menschen diskriminiert (Herkunft, Religion, Sprachverständnis). Ein Intelligenztest findet genau jene Schüler, welche in das spezielle Raster der Fragen passen. Oder anders ausgedrückt: mit einem Intelligenztest sucht man sich jene Schüler, welche man auf der Schule gerne haben würde. Da ist der Darwinismus nicht weit. Und es riecht nach Ausgrenzung.
Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Artikel in der schweizerischen NZZ. Auf der Konferenz der Gymnasialrektoren spricht der Präsident, Aldo Dalla Piazza, über prinzipiell das selbe Problem. Er kommt jedoch auf einen ganz anderen Lösungsansatz. In der Schweiz dreht sich die Diskussion nicht um ein Gymnasium nur für die Oberschicht. Man macht sich eher Gedanken darüber, wie die persönlichen Fähigkeiten stärker gefördert werden können. Dies soll durch die Wahl von Schwerpunkt- und Ergänzungsfächer ermöglicht werden.