Der deutsche Patient ist krank. Die Diagnose: Infarkt der Geldflüsse.
Der Durchnittsdeutsche ist 1,71 Meter groß, wiegt 74,9 Kilogramm und hat dabei einen Body-Mass-Index von 25,5. Normalerweise gilt ein BMI bereits als übergewichtig. Der Krankenstand ging von 1980 bis 2008 um fast 2 Prozent zurück. Im Jahresdurchschnitt sind 3 Prozent alle Versicherten in Deutschland krank geschrieben. Die Gesundheitsausgaben je Einwohner stiegen in den letzten 10 Jahren um ca. 700 Euro auf nunmehr 3.000 Euro pro Jahr und Person. Im selben Zeitraum stiegen die Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 20 Mrd. Euro auf 160 Mrd. Euro.
Wo ist also das Problem? Es sitzt im Behandlungszimmer und klagt über Schmerzen. Mittlerweile gehört das deutsche Gesundheitssystem zu einem der teuersten auf der Welt. Doch geht es uns dabei auch erstklassig besser als Versicherten in anderen Ländern? Zumindest geben wir jedes Jahr Milliarden an Euro für unsere Gesundheit aus und fühlen uns dabei unglücklich. Wir sind in erster Linie selbst für die hohen Gesundheitskosten verantwortlich. Wir leben in einer Wohlstandgesellschaft, da gehört Jammern und Wimmern mit dazu.
Wer sich nicht gesund fühlt, geht zum Arzt. Davon machen die Deutschen reichlich Gebrauch. Obwohl wir zwar immer weniger wirklich krank sind, steigt die Anzahl der niedergelassen Ärzte. In Deutschland gibt es ca. 22.000 Ärzte (inkl. Zahnärzte) mehr als noch vor 15 Jahren. Die Regeln folgen hier den einfachen Regeln der Marktwirtschaft: die Nachfrage regelt das Angebot. Je mehr wir also zum Arzt rennen, desto mehr Ärzte wird es zwangsläufig geben. Doch was fehlt dem deutschen Patienten, dass er pro Jahr bis zu 18 Mal im Jahr einen Arzt konsultieren muss?
Wer krank ist, möchte behandelt werden. Ein Blick in die Medikamentenliste verschafft ein einfaches Ergebnis. Entgegen dem Trend werden Arzneimittel immer günstiger; zumindest laut Preisindex. Die umsatzstärksten Medikamente von 2007 waren:
- 1,7 Mrd. Euro gegen Bluthochdruck
- 1,5 Mrd. Euro gegen Diabetes
- 1,3 Mrd. Euro für Schmerzmittel
- 1,3 Mrd. Euro zur Behandlung von Asthma
Es sind in erster Linie Zivilkrankheiten wie Übergewicht. Es fehlt an ausreichender Bewegung (Sport) und die falsche Ernährung ist schuld an der Verschreibungswut der Ärzte. Zwar sind viele Erkrankungen nicht einfach weg zu diskutieren, aber gegen Bluthochdruck und Diabetes gibt es einfache Rezepte: mehr Sport und gesunde Ernährung. Der faule Couch-Potato ist Kostentreiber Nummer 1. Auch beim Thema Schmerzen wird all zu oft wird nach dem Gießkannenprinzip ein passendes Mittelchen verschrieben. Vom guten Zureden wird schließlich niemand gesund.
Auch viele eher skurrile Krankheiten nehmen immer mehr zu: Migräne oder ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom – Hyperaktivität). Auch unter Psychiater herrscht kein Arbeitsmangel. Für alles gibt es die passende Therapie. Und Jammern gehört bei den Deutschen zum täglichen Brot. Zwar hat der Krankenstand den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten erreicht, dennoch sind wir laut Statistik mehr krank denn je.
Die Pharmaindustrie freuts. Denn deren Umsatz stieg von ca. 20 Mrd. Euro im Jahr 2000 auf über 28 Mrd. Euro im Jahr 2007. Die vielen Generika verstärken diesen Effekt noch zusätzlich. Denn ein Medikament was nicht so teuer ist, wird unter Umständen noch häufiger verschrieben. In deutschen Haushalten werden Medikamente im milliardenfacher Höhe regelrecht gebunkert. Man spritzt sich den Schmerz regelrecht weg, als die Symptome zu untersuchen. Auch hier ist der Patient selber der Kostentreiber.
Ein anderes Milliardengrab ist das große Verwaltungschaos. Wir haben in Deutschland immer noch über 200 Krankenkassen, obwohl sich der größte Teil der Versicherten sich auf ca. 10 Gesetzliche Krankenkassen (GKV) verteilt. Diese Verwaltung kostete im Jahr 2008 annähernd 9 Mrd. Euro. 130.000 Personen arbeiten bei den GKV und verwalten .. ja was eigentlich? Hinzu kommen die vielen Tausend Mitarbeiter und Angestellte bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Jedes Bundesland hat seine eigene KV. Die KV verwalten die Arztrechnungen und rechnen diese mit den Krankenkassen ab. Neuerdings kommt noch der Gesundheitsfond hinzu. Die Verwaltung wird noch größer, teurer und noch undurchsichtiger.
Eine Auffälligkeit stellt man fest, wenn man sich die Kosten für das Gesundheitssystem näher betrachtet: die Einnahmen aus dem Gesundheitssystem verlaufen in etwa parallel mit dem Bruttoinlandsprodukt. Je besser es uns also materiell und finanziell geht, desto teurer wird auch unsere Gesundheit. Mein Tipp: einfach mal beherzt mit einem Hammer auf den Daumen hauen und den sich ausbreitenden Schmerz wirken lassen.