Der Fitnessmarkt in Deutschland gilt mittlerweile als gesättigt. 27 Millionen sind Mitglied in einem Sportverein, 9 Millionen sind in einem Fitnessstudio angemeldet und dabei gibt es circa 7.100 Fitnessanlagen. Die Fitnessbranche feiert sich zwar ständig selber mit neuen Jubelmeldungen, aber oft ist dies nur Augenwischerei. Wenn es im Studio A mehr werden, werden es im Studio B meistens gleichzeitig weniger. Um aber auch noch den letzten Sportmuffel mit einer Mitgliedschaft zu überzeugen, positioniert sich die Branche immer spezieller. Es gibt gezielte Angebote für Pilatis, mit und ohne Trainer, manche haben einen Wellnessbereich mit Sauna, bei anderen gibt es die Getränke gratis, und so weiter.
HIGH5 möchte sich im Billigsegment etablieren. Für 10 Euro pro Monat darf man zwischen 8 Uhr morgens und 24 Uhr nachts trainieren; am Wochenende und an Feiertagen jedoch nur zwischen 10 Uhr und 22 Uhr. Die Mindestvertragsdauer beträgt 24 Monate und man ist an sein persönliches Studio gebunden. Für 10 Euro mehr pro Monat ist die Nutzung aller McFit- und HIGH5-Studios gestattet. Alles weitere kostet extra. Derzeit gibt es sieben(!) Studios (Stand 16. Juni 2015) und so wie es derzeit aussieht, werden es wahrscheinlich auch nicht so schnell mehr.
HIGH5 möchte sich bewusst von den klassischen Fitnessstudios abheben. Die Innenausstattung soll dabei an den Flair eines US-amerikanischen Gyms erinnern. „Real American Spirit„ lautet der Terminus, welchen die Marketingabteilung dafür gewählt hat. Auch sonst setzt man bei der Beschreibung ganz auf den amerikanischen Slang. Funktionelles Training wird zu „functional training„, Kugelhanteln mutieren zu „Kettlebells“ und simple Trainingsseile oder Taue verkommen zu „Battleropes„. Das Ganze wird gepaart mit hohlen Phrasen wie „Take your workout to the next level.“
Nach ein paar Trainingseinheiten komme ich persönlich zu der Erkenntnis, dass „functional training“ mit der Zeit genauso öde wird, wie das klassische Training an den Geräten. Und ganz ehrlich: einen Metallbock über einen Kunstrasen zu ziehen, betrachte ich nicht als Bereicherung meiner sportlichen Tätigkeiten. Dieser Freibereich ist zwar eine willkommene Abwechslung, aber als ein Alleinstellungsmerkmal für ein Studio reicht es nicht. Ich muss mich korrigieren: für 10 Euro im Monat muss dies als Alleinstellung genügen.
Wozu der amerikanischen Krimskrams (Baseballschläger, Helme, Footballs) an der Wand gut sein soll, weiß wohl nur der Innenausstatter. Insgesamt macht der „American Spirit“ einen zu künstlichen Eindruck. Zwar mag es für einige inspirierend sein, nicht den üblichen Studiolook vor zu finden. Aber stellenweise fühlt man sich bei HIGH5 wie in einem modernen Sportmuseum. Mit punktueller Beleuchtung soll eine ganz besondere Atmosphäre geschaffen werden. Doch dadurch sind viele Stellen derart dunkel, dass man die Größe der Gewichtsscheiben nicht richtig erkennt. An anderen Stellen blendet einem hingegen der Strahler direkt ins Gesicht.
Bei HIGH5 kann man auf den erstklassigen „Hammer-Strength“ Geräten trainieren. Die Gym80-Geräte bei McFit wirken dagegen wie vor dem Krieg. Insgesamt hat man sich bei der Auswahl der Geräte größte Mühe gegeben. Weniger mühevoll war man bei der Platzverteilung im Studio. Ich kann nur für die Leipziger Straße in Berlin-Mitte sprechen. Doch anderswo ist es eventuell ähnlich. Die Geräte stehen derart eng, dass man während den Trainingseinheiten problemlos mit dem Nachbarn Händchen halten kann. Dieser Umstand ist in der Regel jedoch zu vernachlässigen, da meist nur sehr wenige Personen zum Trainieren kommen. Nicht selten ist man fast alleine, was dann wieder sehr spooky wirkt.
Abschließend noch zum Service im Studio. Da drehen die Verantwortlichen ein bisschen zu sehr am Rad. Obwohl die Zahl der Besucher sehr überschaubar ist, sollen die Angestellten permanent die Nassbereiche und die Toiletten reinigen. Zudem dürfen sie sich nirgends anlehnen und nicht sitzen. Was sagt eigentlich der Arbeitsschutz zu diesen unergonomischen Bedingungen? Und jetzt kommt die absolute Härte: die ServicemitarbeiterInnen müssen die Freihanteln auf der Hantelbank nach Gewicht sortieren. Zudem hat die Studioleitung kleine Aufkleber angebracht, damit jedes Mitglied seine Gewichte an die definierte Stelle zurück legen soll. „Fuck it!“ um mal beim gern genutzten American Slang zu bleiben.
Absolut treffend, kann ich komplett bestätigen, Daumen hoch super Text!!!
Deine Kommentare sind einfach nur vollkommen unangebracht. Preis/Leistung stimmt hier zu 100%! Super Ambiente dort, man kann in Ruhe trainieren im Gegensatz zu McFit, was ständig überfüllt ist und dass ein Trainer die Hanteln ab und zu sortieren muss ist wohl in jedem Studio so. 😉