Nein, es geht nicht um die Diskussion „Löschen statt Sperren“ und damit auch nicht um Kinderpornografie oder Terrorphantasien. Es geht um die schreibende Zunft. Es geht um Zeitungsverlage, die ihr Glück auch im Internet suchen.
Die Verlage und Medienhäuser setzen sich gern für das Leistungsschutzrecht ein. In der „Hamburger Erklärung“ geht es um den Schutz des geistigen Eigentums. Denn die meisten Verlage beschweren sich immer wieder, dass ihre Texte ungefragt auf einer anderen Internetseite auftauchen. Das moderne guttenbergsche‘ Copy-and-Paste eben. Dass es mit der Leistung allerdings nicht immer so weit her ist, beweisen viele Onlineportale gern selbst. Das Internet verführt Journalisten und Redakteure dazu, mal eben schnell einen Artikel online zu stellen. Wenn dann auch noch die Konkurrenz bereits darüber meldet, dann muss ein entsprechender Artikel eben ohne große Endkontrolle online gehen. Für Recherche ist oft keine Zeit. Und sicherlich ist es auch eine Kostenfrage – ohne Zweifel.
Wenn eine Online-Redaktion allerdings einmal in die Recherchefalle tappt, und an der Wahrheit vorbei geschrieben hat, zeigen die meisten Verlage ein äußerst merkwürdiges Verhalten. Da wird der entsprechende Artikel einfach stillschweigend gelöscht. Bloß schnell weg damit. Oder die schadhafte Stelle wird ohne die kleinste Erwähnung verändert. Eine damit verbundene Stellungnahme kommt für die meisten Verlage wohl nicht in Betracht. Entweder fehlt der Mumm dazu oder das Gespür für die Wahrheit. Auf alle Fälle müsste man sich rechtfertigen. Da ist ein schnelles Löschen oder Korrigieren die weitaus bequemere Variante.
Ich rede hier nicht von fehlenden Satzzeichen oder grammatikalischen Fehlern. Es geht um falsche Fakten, verdrehte Wahrheiten oder gar (unbeabsichtigte?) Lügen. Unschuldige werden zu Mörder, zwischen Schabernack und Gewalttat liegen oft nur Milimeter und Bilder werden in einem Bildbearbeitungsprogramm gern mal etwas modifiziert.
Ein Onlineportal, welches gern zum digitalen Radiergummi greift, steht nicht unbedingt für seriösen Journalismus. Im Ausnahmefall kann so etwas funktionieren. Doch wenn die Leser merken, dass man in den Redaktionsräumen lieber stillschweigend die digitale Scheere schwingt als mit passender Erklärung korrigiert, ist die digitale Kundschaft ganz schnell beim nächsten Onlineportal. Auch wenn es verlockend ist, gemachte Fehler mit ein paar Klicks zu korrigieren, so zeugt es weder von Seriosität noch von Aufrichtigkeit. Fehler machen ist menschlich; also sollte man auch dazu stehen.
Konkrete Beispiele nenne ich an dieser Stelle keine. Ich bräuchte allerdings nicht lange, um eine ganze Zeit damit zu füllen. Ich möchte keine juristische Abmahnung riskieren. Der qualitative Journalismus neigt nicht nur gern zum digitalen Radiergummi sondern auch gern zur rein realen Keule. Statt dessen verweise ich par exemple auf BildBlog und SpiegelKritik.