2008 verkündete Steve Balmer, Microsoft möchte jährlich mehr als eine Milliarde US-Dollar in die Internet-Aktivitäten investieren. Auch plant(e) man, das größte Werbenetzwerk des Internets aufzubauen. Microsoft wollte schon öfters das Internet auf den Desktop bringen. Mehrmals schon wurde das MSN-Portal umgebaut. Auch sollten irgendwann einmal alle Office-Dokumente nur noch über das Internet verwaltet werden. Instant-Access sozusagen. Doch was ist bis dato aus den vollmundigen Versprechungen bei Microsoft geworden? Nicht viel.
Die größte Baustelle bildet wohl die neue alte Suchmaschine BING. Mit großem medialem Tamtam hat man den Nachfolger der Microsoft-Suche auf den Markt gebracht. Verbesserte Suchergebnisse und ein guter Service sollte BING den Internetbenutzer bringen. Doch BING vegetiert weiterhin bei der 10-Prozentmarke auf dem Suchmaschinenmarkt. Dies verwundert nicht sonderlich, wenn man sich BING mal etwas näher betrachtet.
BING ist schicker als Googles Suche. Fast täglich ziert den Hintergrund ein anderes schickes Foto. Vielleicht soll diese „Tapete“ vom eigentlichen Inhalt ablenken. Den der ist immer noch äußerst mau. Die Suchergebnisse entsprechen noch lange nicht der Qualität von Google. Manchmal fragt man sich, wieso gewisse nichts sagende Seiten es so weit nach vorne geschafft haben und andere wichtige Informationsquellen so weit nach hinten zu finden sind.
Ansonsten kann man bei BING nach Bildern suchen. In diesem Punkt hat BING die Nase vorn. Man scrollt in den Bildergebnisse in einer quasi endlosen Liste, was äußerst bequem von statten geht. Natürlich kann man auch nach Videos suchen. Hier allerdings bekommt man wieder die gewöhnlichen getrennten Ergebnisseiten angezeigt. Das Shopping-Portal ist dagegen das pure Informationschaos. Ungeordnet und nicht eindeutig erkennbar kann man sich hier durch Produkte navigieren. Der Bereich News ist äußerst dünn mit Inhalt gefüllt. Und „Maps“ funktioniert nur mit einem entsprechenden Browser. Ansonsten erinnert „Maps“ eindeutig an das große Vorbild „Google Maps“.
Doch was bietet Microsoft für den Entwickler? Für all jene, welche das Internet aktiv nutzen möchten? Mit etwas Mühe findet man die „Webmaster Tools„. Doch wer sie gefunden hat, ist ebenso schnell enttäuscht. Der Funktionsumfang beschränkt sich auf das Einsenden einer Sitemap und einer kleinen Analyse, was BING alles zur angemeldeten Website gefunden hat.
Das MSN-Portal scheint noch das am meisten ausgereifte Internet-Produkt aus dem Hause Microsoft zu sein. MSN bietet einen guten Überblick über das Tagesgeschehen und bindet alle relevanten MS-Online-Produkte elegant ein. Ob dies nun der Messenger, Hotmail oder das Download-Center (!?) ist. Die neu eröffnete Beta-Version von MSN ist weniger farbintensiv, dafür fehlt dem Portal dadurch das „Gesicht“. Es sieht aus wie jedes x-beliebige Nachrichtenportal.
In Windows-Live sieht es hingegen aus wie bei einer Leichenschau. Viel machen kann man in Live nicht wirklich. Dies konnte man schon vor ein paar Jahren nicht und daran hat sich in der zurückliegenden Zeit nichts geändert. Die Seiten schreien nach Inhalt und Hotmail wirkt wie der Versuch eines Praktikanten. Kalt im Design und etwas unaufgeräumt in der Benutzerführung. Browserkonformität ist bei Microsoft immer noch ein Fremdwort. Wer nicht wenigstens den Internet Explorer nutzt, darf sich über ein zerschossenes Seitenlayout nicht beschweren.
Im Office-Bereich sollte SharePoint den großen Segen bringen. Durch spezielle Server und die Windows SharePoint Services sollen alle Office-Dokumente, Kontakte, usw. online jederzeit und überall zur Verfügung stehen. In einem Netzwerk kann jeder Beteiligte die Dokumente ändern oder gemeinsame Termine planen. Für Privatpersonen gibt es mittlerweile die abgespeckte Version „Office Live“. In vielen Betrieben wird SharePoint sicherlich ausgiebig genutzt. Doch irgendwie hatte man bei MS wohl mehr erwartet. Zumal schon Bill Gates immer wieder betont hat, dass sich die Zukunft nur noch im Internet abspielen würde.
Schaut man rüber zum Erzrivalen Google erscheinen die Internetaktivitäten von Microsoft wie kümmerliche Versuche eines sterbenden Dinosauriers. Schwerfällig und ohne großen Enthusiasmus verfolgt man gewisse Prestige-Projekte von Google. Es geht zwar nicht darum, den Konkurrenten zu kopieren. Doch selbst neue und frische Ideen sucht man bei Microsoft vergeblich. Während Google fast im Monatsrhythmus neue Dienste seinen Nutzern präsentiert, muss man bei Microsoft einen sehr langen Atem beweisen.
Man fragt sich, wo die vielen Hundert Millionen Dollar – laut Barmers Aussage – investiert werden. Zu sichtbaren neuen Produkten haben die Investitionen noch nicht geführt. Mit BING wird man Google nie einholen. Und wenn man den Nutzer weiterhin in der passiven Lauerstellung hält, wird man immer mehr Abwanderer Richtung Google zählen können.
Viele haben bereits Angst vor der Übermacht von Google. Doch der einzige Herausforderer Microsoft verharrt in seiner Ecke wie eine Spinne im Netz. Abwarten und Aussitzen ist im Internet die falsche Strategie. Vielleicht sollte man Steve Balmer mal erzählen, dass Entwicklungen im Internet schneller verlaufen als bei Offline-Produkten. Das Internet ist kein Windows, wo man alle zwei Jahre eine neue Version nachschieben kann.