Die Deutschen trinken gern und viel Wasser. Im weltweiten Vergleich landen wir auf dem fünften Platz mit ca. 131 Liter Wasser (pro Einwohner und Jahr), getrunken und verkauft in Flaschen. Die Vielfalt an Produkten ist dabei fast grenzenlos. Alleine schon bei den Grundarten gibt es fünf verschiedene Varianten: das einfache Trinkwasser oder umgangssprachlich auch „Hahnenwasser“ genannt, das prinzipiell gleich gute Tafelwasser, das bessere Quellwasser, das höherwertige Mineralwasser (mit amtlicher Zulassung) und die Steigerung davon das Heilwasser. In den Regalen der Supermärkte finden wir davon unzählig viele Produkte von unterschiedlichen Abfüllern. Seit ein paar Tagen ist die Vielfalt noch um eine Variante größer: Bio-Mineralwasser.
Die Firma Neumarkter Lammsbräu, nahe Nürnberg, bezeichnet sich selbst als Ökobrauerei. Bei der Neumarkter Lammsbräu braut man Bio-Biere, produziert Bio-Erfrischungsgetränke wie Cola oder Apfelsaft und füllt Tafelwasser in Flaschen. Seit neustem hat man aber auch Bio-Mineralwasser im Programm, abgefüllt aus der selbsternannten BioKristall®-Quelle.
Der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs war die Bezeichnung „Bio-Kristall“ für das Bio-Mineralwasser allerdings ein Dorn im Auge und klagte vor Gericht. Erst in der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht in Nürnberg hat die Firma Neumarkter Lammsbräu Recht bekommen. Das Gericht sah keine Gefahr, dass der Verbraucher hinter der Bezeichnung „Bio“ eine staatliche Lizenzierung sehen könnte. Selbstredend begrüßt Susanne Horn, Geschäftsführerin der Neumarkter Lammsbräu, das Urteil. Es sei ein Gewinn für die Verbraucher.
Nun, ob der Verbraucher einen Gewinn davon hat, kann wohl weder das Gericht noch die Geschäftsführerin der Brauerei zweifelsfrei beurteilen. In erster Linie hat die Brauerei und ihr Geschäftsmodell gesiegt. Denn der Verbraucher ist sicherlich bereit, für ein biologisches Mineralwasser einen zusätzlichen Obolus zu zahlen. Von anderen Mineralwässern unterscheidet sich diese spezielle Sorte allerdings nicht. Die Zeitschrift Öko-Test vergibt dem Bio-Wasser nur eine befriedigende Note.
Doch was macht dieses Quellwasser nun zum speziellen Bio-Wässerchen. So ganz genau kann dies wohl niemand sagen, denn für diese Art von Flüssigkeit greift die EG Bio-Verordnung nicht. Daher muss Lammsbräu auch das dazugehörige Logo verändern, weil die Ähnlichkeiten dem Gericht doch zu hoch erscheinen. Ein Unterscheidungsmerkmal sollen angeblich die Grenzwerte der Inhaltsstoffe sein. Diese werden bei Bio-Kristall erheblich unterschritten. Dies kann jedoch für jedes x-beliebige Mineral- oder Quellwasser ebenfalls gelten.
Ich als Verbraucher behaupte, dass die Bezeichnung Bio-Mineralwasser eine Irreführung ist. Ich erwarte bei der Bezeichnung Bio, dass bewusst ökologisch bzw. biologisch in den Herstellungsprozess eingegriffen wurde. Beim Pflanzenanbau wären dies für mich der Verzicht auf chemische Düngemittel oder bei der Tierzucht die Fütterung mit genau diesen biologisch kontrollierten Pflanzen. Wenn man allerdings auf den Herstellungsprozess keinen direkten Einfluss nehmen kann, dann sollte man weder von Bio noch von Öko sprechen dürfen. Das Wasser wird genau in dieser Zusammensetzung abgefüllt, wie es aus der Quelle sprudelt. Wenn die Grenzwerte wegen Nitrat oder ähnlichem überschritten werden, wird es nicht abgefüllt. Dies hat dann aber nichts mit Bio zu tun.
Die Bio-Welle findet täglich neue Idioten. Von Bio-Seife angefangen eben hin zu Bio-Mineralwasser. Der Konsument kauft (fast) alles. Es gibt auch Bio-Wildlachs; also ein in freier Wildnis aufgewachsener Lachs, der unter biologisch-kontrollierten Bedingungen … Moment … also entweder Bio-Lachs oder Wildlachs. Der Verbraucher wird eben gern verarscht. Weil „bio“ das gesunde Gewissen in uns anspricht, achten wir im selben Moment nicht auf Kleinigkeiten. Wer Bio kauft, lebt nicht unbedingt länger; man trägt allerdings nicht so schwer am leeren Geldbeutel.
Ist Bio-Mineralwasser Hokuspokus?
Bio-Schwemme anscheinend überall: Aus physikalischen Schwingungen werden „Bio“-Schwingungen im esoterischen Edelsteinwasser, aus physikalischer Energie wird „Bio“-Energie und energetisiertes Wasser. Jetzt ist Bio-Mineralwasser geboren. Der Bio-Quatsch geht also weiter:
a. Anscheinend sind die Grenzwerte (Konzentrationen) einiger Inhaltsstoffe nach der Mineralwasser-Verordnung erheblich unterschritten. Das ist kein stichhaltiges Argument, denn in allen ordentlich zugelassenen Mineralwässern müssen die gesetzlichen Grenzwerte für bestimmte Inhaltsstoffe unterschritten sein. Und was macht „erheblich unterschritten“ zu „Bio“?
b. Dieses Bio-Mineralwasser unterscheidet sich nicht nur von „vielen anderen Mineralwässern“, sondern von allen anderen auf unserer Erde. Wegen der Vielzahl von Inhaltstoffen und der großen Varianz deren Konzentrationen gibt es praktisch keine zwei gleichen Mineralwässer. Wo beginnt und endet hier die Bezeichnung „Bio“? Nach dieser Begründung des Gerichts wäre jedes natürliche Mineralwasser „Bio“.
Aber nun positiv: Hier sind noch einige weitere Bio-Vorschläge: Bio-Milch von glücklichen Kühen, Bio-Apfelsaft von rechtsdrehenden Apfelbäumen, Bio-Biologen, wenn sie bestimmte Grenzwerte unterschritten haben und sich von vielen anderen Biologen unterscheiden…
was redet ihr für müll, ihr pedantischen unzufriedenen Nörgler… Ein gerichtlicher Beschluss sollte für alle Verbraucher sehr gut verständlich sein und als Argument dienen!