Thomas Leif vom SWR hat eine Reportage gedreht mit dem dezent provokanten Titel „Quoten, Klicks und Kohle„. Es geht in der 45-minütigen Reportage um den Kampf der Medienhäuser im Internet – und um die Vormachtstellung der Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten.
Die Dokumentation sollte ein unabhängiges Bild aufzeigen über den Kampf im Internet. Von einem öffentlich-rechtlichen und politisch unabhängigen Sender wie dem SWR sollte bzw. könnte man erwarten, dass die Reportage alle Aspekte der neuen Informationsbeschaffung im Internet aufzeigt.
Die Reportage beginnt auch recht aufklärerisch. Es wird veranschaulicht, dass die Mediennutzung des Fernsehens immer mehr ab nimmt. Die Bevölkerung schaut immer weniger fern, hingegen steigt die Zahl der online verbrachten Stunden im Internet. Gerade die junge Bevölkerung informiert sich zunehmend über die diversen Angebote der großen Verlagshäuser, vorneweg Holtzbrink, Springer und Spiegel. Da sehen selbst ARD und ZDF ihre „Felle davon schwimmen“. Um diesem Trend zu entgegnen, möchten bzw. wollen die Öffentlich-Rechtlichen ihr Angebot im Internet massiv ausbauen. Schon jetzt werden diverse Kooperationen mit privatwirtschaftlichen Verlagshäusern geschmiedet; siehe WDR und WAZ oder ZDF und Süddeutsche.
Es ist der ureigene Auftrag am Volke, für eine ausreichende Grundversorgung der Bevölkerung zu sorgen. So steht es im Rundfunkstaatsvertrag geschrieben und so wollen ARD und ZDF auch ihre Arbeit verstanden wissen. Sollte die Nutzung von TV und Radio immer mehr ab- und hingegen die Internet-Nutzung immer mehr zunehmen, müssen die Öffentlich-Rechtlichen ihren Kurs der Nachrichten- und Informationsverbreitung umgestalten. Dabei treffen sie allerdings – gerade im Internet – auf eine massive Gegenwehr der Privatwirtschaft. Bei den großen Medienhäusern geht es um nicht mehr oder weniger als den Umsatz bzw. den Gewinn am (Nachrichten)-Objekt.
Doch so unabhängig die SWR-Reportage die Lage (im Internet) aufklären wollte, so wurde sie gegen Ende hin zusehends politisch und einseitig. Herr Leif zeigte am Beispiel Zoomer.de, dass Holtzbrinck bei diesem Projekt nicht auf qualitativ hochwertigen Journalismus setzt, sondern auf Inhalte von mehr oder minder laienhaften Schreibern. Dass Zoomer.de dabei auf die Ansprache einer ganz speziellen Zielgruppe von Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren setzt, wurde leider nicht erwähnt. Ebenso wenig erwähnt blieben journalistisch hochwertige Portale wie Spiegel.de oder Zeit.de.
Es geht um einen großen und mit allen Mitteln der Lobbyisten ausgetragenen Verdrängungskampf im Internet. Dem kann man zustimmen, auch wenn man die Reportage nicht gesehen hat. Doch wieso erwähnt die Reportage nicht, dass auch ARD und ZDF auf tiefgreifende Lobbyarbeit setzen, um ihre Ziele im Internet zu verfolgen? Und wieso kam die immense Summe von annähernd 8 Milliarden Euro GEZ-Gebühren nicht ins Gespräch? Ist es den Öffentlich-Rechtlichen peinlich, sich eingestehen zu müssen, dass sie so viel Geld verbrennen und jährlich die finanziellen Bedürfnisse immer mehr werden? Oder ist es legitim, dass der MDR bereits vor Jahren mehrere Millionen Euro bei Aktiengeschäften verspekuliert hat? Nicht erwähnenswert – schließlich ist ja genügend Geld zum unkontrollierten Verbrauchen da.
Herr Leif betont in seiner Reportage stets den leisen Abgesang des unabhängigen und professionellen Journalismus, welchen die Öffentlich-Rechtlichen betreiben. Herr Leif betonte allerdings nicht, dass es bei ARD und ZDF auch um politische Machtfragen geht. So wird bspw. die Mainzer ZDF-Basis stark von der SPD geprägt. Hingegen gibt es auch in er ARD Streitigkeiten mit der CDU – siehe Sabine Christiansens wöchentliche Talksendung am Sonntag. Und schlussendlich sind die Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten vom Wohlwollen der Landesminister abhängig. Man kann also sich nicht freireden, dass der Spruch „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing“ keine Tragweite hätte. Ja Herr Leif, sie haben recht, wenn sie sagen, dass die privaten Medienhäuser ihre Marktmacht nutzen, die Bevölkerung gegen die Öffentlich-Rechtlichen aufzubringen. Doch ehrlich gesagt, sind ARD und ZDF zu einem großen Teil selbst schuld an der Vertrauensmisere.
Die Reportage endet mit der Schlussbemerkung: „Zumindest das Kerngeschäft von ARD und ZDF ist bedroht.“ Da wollte sich die Reportage eigentlich einen aufklärerischen und unabhängigen Anstrich geben wollte, sollte es wohl korrekt heißen: „Die Randgeschäfte von ARD und ZDF sind bedroht.“ Denn mehr sind die millionenschweren „Spielereien“ im Internet nicht.
Wer an der Reportage interessiert ist, kann sich die einzelnen Kapitel im Internet betrachten. Der SWR hat ein paar Euro investiert, und sich dazu auch gleich eine eigene Internet-Domain reservieren lassen: www.quotenklicks.de. Quoten, Klicks und Kohle. Ja, auch für die die ARD und das ZDF gelten diese Leitsätze. Der Kampf ums Internet geht damit in die nächste Runde.