Wann waren Sie das letzte mal so richtig betrunken – vollkommen straff – total hackedicht? An was konnten Sie sich da noch erinnern? Haben Sie dabei zufällig versucht, jemanden umzubringen; meinetwegen auch gleich mehrfach? Sie könnten gar niemanden umbringen; auch nicht im betrunkenen Zustand es versuchen? Interessant.
Der Fall
Anfang März 2007 steht der 17-Jährige Täter vor Gericht, welcher im Sommer 2006 bei der Eröffnungsfeier des Berliner Hauptbahnhofes mit einem Messer Amok gelaufen war. Er hatte damals wahllos auf 37 Menschen eingestochen und mehrere dabei lebensgefährlich verletzt. Die Anklage lautet daher: Mordversuch in 37 Fällen sowie sechsfache Körperverletzung.
Vor Gericht
Sein Verteidiger spricht davon, ihm (dem 17-Jähringen Täter) tue natürlich alles „selbstverständlich leid“. Selbstverständlich!? Selbstredend hat er dennoch versucht, 37 Menschen das Leben zu nehmen. Naturgemäß entschuldigt man sich auch danach bei den Opfern. Aber zweifelsohne bleibt ein Hauch von Desinteresse.
Ein Sachverständiger bescheinigt dem Jugendlichen schwere Gedächtnislücken für die Tatnacht. Bedingt durch den Alkoholgenuss hatte der Täter einen Promillewert von 2,2 im Blut. Der Sachverständige attestiert dem Jugendlichen daher verminderte Schuldfähigkeit.
Schieflage im Rechtssystem
Es gibt mehrere Punkte, welche das gegenwärtige Rechtssystem bei der Thematik Alkohol in Frage stellen. Gerade auf Jugendliche zeigt das zu erwartend geringe Urteil, dass ein Übermaß an Alkohol keine schlimmen Rechtsfolgen haben muss.
Thema Alkoholgenuss
Rauchen ist schädlich. Medikamentenmissbrauch ist ungesund. Haschisch, Ectasy, etc. sind verboten. Alkohol hingegen wird gefeiert als das allgegenwärtige Rauschmittel mit hundertprozentiger Anerkennung in der Gesellschaft.
Wer 2,2 Promille im Blut hat, bei dem kann nicht mehr von Genuss die Rede sein. Solch eine Person hat sich grob fahrlässig der Gefahr des Alkohols hingegeben. Wieso es überhaupt das Wort Alkoholgenuss gibt, ist mir schleierhaft. Alkohol ist eine Droge, welche im Übermaß sich auch körperschädigend auswirkt. Wieso gibt es keinen Rauchgenuss oder Heroingenuss?
Thema Trunkenheit
Wer betrunken Auto fährt, macht sich straffällig. Es wird bei einem Personenschaden – in Folge eines Unfalles – auch richtig teuer. In solchen Fällen sprechen die Richter eine eindeutige Sprache: Alkohol im Blut, Autofahren gar nicht gut. Da gibt es keine Ausreden. Wer besoffen Auto fährt, ist per se bei einem Unfall schuldig.
Wer allerdings auf offener Straße im Alkoholrausch Menschen niedersticht, kann auf Strafminderung hoffen: Denn schließlich war man in diesem Moment nicht mehr ganz bei Sinne. Darauf einen Klaren!
Thema Gedächtnislücken
Es braucht keinen Sachverständigen, um sagen zu können, dass ein 17-Jähriger bei 2,2 Promille leichte bis schwere Probleme mit seinem Zerebrum hat. In 15 Minuten bei 37 Menschen versuchen, das Leben zu nehmen, ähnelt einem Blutrausch. Wer danach von nichts mehr weiß, ist entweder ein guter Schauspieler oder versucht mit Verdrängen der Tat, das ganze zu vergessen.
Mit einem Messer auf einen Menschen einzustechen ist keine alltägliche Handlung. Die Ursache der Tat einzig und allein beim Alkohol zu suchen, wäre naiv und blind zugleich. Was bewegt einen jungen Menschen, wahllos und in großer Zahl Personen nieder zu stechen? Der Täter kann es uns leider nicht sagen. Erleidet ja an Gedächtnislücken – vor, während und nach der Tat.
Töten im Suff
Kann und darf man Alkoholkonsum als Freibrief nutzen? Unser Rechtssystem macht es zumindest möglich.
Saufen bis der Arzt kommt, aber vorher noch ein paar Menschen verprügeln. Danach weiß man von der Tat nichts mehr und schon ist man die größte Schuld los. Kann es wirklich so einfach sein? Der passende Gutachter macht es möglich.
Taten und Strafen
Es sollte für solche Fälle keine Strafminderung geben. Wer Alkohol trinkt, dem sollten die entsprechenden Konsequenzen bewusst sein. Unser Rechtssystem müsste uneingeschränkt Flagge bekennen und sagen: bei Alkoholkonsum wird mit der vollen Strafe geurteilt.
Jeder darf uns soll so viel Alkohol trinken, wie er in der Lage dazu ist. Jedem Konsumenten sollte dabei aber im Voraus eines klar sein: Strafminderung wird es nicht geben (können). Wer sich dieser Gefahr nicht aussetzen möchte, der muss eben auch die Finger von der Gefahr Alkohol lassen. So simpel könnte Rechtssprechung sein.
Mit einer solchen Einschränkung würde man der Bevölkerung allerdings ihre größte Volksdroge nehmen. Dann doch lieber Strafminderung für Amokläufer. Prost!