Es gibt Dinge, auf die man gut und gerne verzichten kann. Durch eine Tagesauktion bin ich auf den „Video-Messenger“ aufmerksam geworden. Ein kleines, handliches Gerät mit einem 1,8 Zoll großen Bildschirm. Durch eine eingebaute Kamera kann es eine 30 Sekunden lange Videobotschaft aufnehmen und bei Bedarf wieder abspielen. Angepriesen wird das Technik-Gadget als digitaler Ersatz für Notizzettel. Der Ersatz sollte jedoch zumindest gleichwertig sein, oder nicht?
Zur Aufheiterung erst einmal das Produktvideo. Wem es wie der Ausschnitt aus einer schlecht gespielten Soap vorkommt, der liegt mit der Einschätzung nicht sonderlich falsch. Eigentlich könnte man es als perfekte Trash-Comedy vermarkten.
Das beste ist dabei noch der Claim: „Solutions for your digital life.“ Dies passt zu „Wir haben bereits eine Lösung. Jetzt fehlt uns nur noch das passende Problem dazu.“
Das Gerät muss spätestens nach 10 Tagen wieder aufgeladen werden. Ansonsten ist die Nachricht weg und der vermeintliche Empfänger weiß nicht, was er verpasst hat oder hätte erledigen sollen. Außerdem lässt sich nur eine einzige Nachricht speichern. Wer mehr zu sagen hat oder längerfristige Erinnerungen festhalten möchte, braucht viele Video-Messenger. Sinnvollerweise hat das Gerät auf der Rückseite einen Magneten. Damit pinnt man es an einer metallischen Oberfläche fest; aber auch nur an solchen. Ein althergebrachter PostIt klebt übrigens an jeder Oberfläche.
Kommen wir zur Usability und zum Nutzfaktor. Eine Aufnahme ist schnell gemacht: Knöpfchen drücken, in die Kamera blicken und lossprechen Wenn man jedoch nicht zielt, ist das eigene Konterfei immer nur halb auf dem Bild. Egal, es geht schließlich um dem Inhalt. Und da wird das Gerät ganz schnell untauglich.
„Hören“ wir uns folgende Beispielnachricht an: „Bitte melde Dich um zehn Uhr bei Frau Müller-Hagedorn in der Abteilung Rechnungswesen. Die Telefonnummer lautet Null-Drei-Fünf-Null-Neun Eins-Null-Null-Sieben-Acht. Es geht um den Haftpflichtschaden.“ Wie oft denken Sie, müssen Sie die Video-Nachricht sich anhören, um zumindest die Telefonnummer gemerkt zu haben? Und was machen Sie mit der Nummer? Gleich ins Handy eintippen oder gar eine Notiz machen? Diese altmodische Vorgehensweise sollte durch den Video-Messenger ja überflüssig werden.
Kleine Zeichnungen wie beispielsweise ein simpler Lageplan oder selbst eine kleine tabellarische Aufstellung können Sie mit dem Messenger vergessen. Da hilft die ganze Videotechnik nichts. Ergänzungen sind bei der Video-Botschaft ebenso nicht machbar wie Korrekturen. In beiden Fällen müssen Sie ihre Nachricht ein zweites Mal aufnehmen. Und für Mehrfachaufgaben benötigen Sie wie bereits erwähnt auch mehrere Geräte.
Für ernst gemeinte und wichtige Botschaften ist solch ein Video-Messenger denkbar ungeeignet. Es ist und bleibt ein Spielzeug, um morgens seiner Lieben freundlich in die Kamera zu hauchen: „Schatz, ich lieb Dich. Ach und übrigens: heute ist Fußballabend mit den Jungs.“ Läuft dann dummerweise der Akku leer, ist abends der Stress vorprogrammiert: „Du hättest ja auch was sagen können, dass Du feiern gehen willst.“ An dieser Stelle wiederhole ich gern den Claim: Solutions for your digitial life.