Anfang der Woche machte eine fast unglaubliche Meldung die Runde: der Staat soll den Abriss der Atom-Meiler (selber) finanzieren. Die drei großen Energiekonzerne und Betreiber von Atomkraftanlagen, E.on, RWE und EnBW wollen ihre kompletten Atom-Anlagen in Deutschland an den Bund übertragen. Mit dem Vorschlag würde das Geschäft der Energieriesen in eine öffentliche Stiftung überführt werden. Im Gegenzug würden die Konzerne ihre Rückstellungen (für den Rückbau) plus dem „Risikozuschlag“ an den Bund übertragen und die angestrebte Schadenersatzklage fallen lassen.
Nach taz-Informationen belaufen sich die Rückstellungen auf 34,3 Milliarden Euro. Dieses Geld würde der Bund auf einen Schlag erhalten und könnte es bis zu den Stilllegungen gewinnbringend anlegen. Und schon kreist wieder das böse Wort der „Bad-Bank“ durch den Raum. Gewinne werden privatisiert, die Kosten hingegen sozialisiert. Das ist ungerecht schreien die einen, andere finden es eine bodenlose Frechheit, wie die Stromkonzerne mit ihren verstrahlten Meilern umgehen. Alleine die FAZ schreibt „Das Thema verdient eine ehrliche Debatte„. Und in der Tat, so einfach ist die Einteilung in Schwarz und Weiß leider nicht.
Natürlich haben die Konzerne in den letzten Jahrzehnten gutes Geld mit dem Betrieb der Atom-Meiler gemacht. Wenn solch ein AKW erst einmal abgeschrieben ist, erwirtschaftet ein einziger Block einen Gewinn von einer Million Euro pro Tag. Doch die Konzerne haben auch die gesetzlichen Rücklagen eingeplant. Also alles korrekt.
Jetzt wo das atomare Zeitalter in Deutschland sich merklich dem Ende neigt, wollen sie die Konzerne vom strahlenden Dreck aber nichts mehr wissen. Die wirtschaftliche Lage sei seit dem staatlichen Atomausstieg in Deutschland nicht mehr kalkulierbar, heißt es aus den Vorstandsetagen. Und leider muss man den Vorständen recht geben. Durch den Atomausstieg hat man den Konzernen quasi über Nacht ihre Gewinnmöglichkeiten genommen. Der Wille des Volkes ist schuld daran, dass wir nun früher als später mit dem Ende des AKW-Betriebs rechnen können. Auf der einen Seite ist dies gut. Auf der anderen Seite zeigen sich damit allerdings noch viel früher die hässlichen Kosten.
Seit dem ersten AKW aus dem Jahre 1960, dem Kernkraftwerk Kahl, sitzt der Bund gemeinsam mit den Energiekonzernen in einem Boot. Politisch wollte man den Atom-Strom und übergab die Aufgabe an die Industrie. Schon damals war klar, dass beim Betrieb atomarer Abfall anfallen werde. Damals glaubte man jedoch noch daran, dass man die atomare Strahlung irgendwie (später) herausfiltern könnte. Doch bald war allen klar, dass beim Betrieb und bei den späteren Demontage riesige Mengen verstrahlter Müll anfallen wird. Eine adäquate Endlagerung hat man bis heute noch nicht gefunden.
Was kostet der Betrieb und die Bewachung eines atomaren Endlagers für die nächsten 500 oder 1000 Jahre? Dies kann kein Experte sagen. Aber nicht nur die Kosten stehen in den Sternen sondern auch die komplette Geschichte der nächsten 1000 Jahre. Ganz sicher werden die Konzerne in einigen Hundert Jahren nicht mehr existieren. Daher kann man ihnen diese Aufgabe nicht zusprechen. Eine Endlagerung kann und muss der Staat übernehmen. Es ist daher auch die hoheitliche Pflicht, frühzeitig das nötige Geld dafür zurück zu legen. Der „Deal“ mit der Atom-Wirtschaft ist damit gar keine so schlechte Option. Der Staat könnte bis zur Stilllegung der Meiler noch einige Milliarden mit dem Betrieb verdienen.