Auf Berlins Straßen herrscht bereits seit Wochen Glatteis. Und so mancher lässt sich sprichwörtlich auf selbiges führen. Die katholische Kirche schlingert auch in den dritten Woche nach Bekanntgabe der Missbrauchsfälle am Jesuitenkolleg auf ziemlich dünnen Eis Richtung Totschweigen weiter. Und Oberbürgermeister Klaus Wowereit leistet sich einen verbalen Ausrutscher der besonderen Art. nachdem er auf die Probleme beim Winterdienst und den ungeräumten Gehwege angesprochen wurde: „Das ist im Winter nun mal so. Da muss man eben vorsichtig gehen.“
Seit Donnerstag hat Berlin nun einen neuen Aufreger. Es geht um einen teuren Maserati als Dienstwagen für sein soziales Projekt. Kurz zu den Fakten. Hans-Harald Kurt Hermann Ehlert ist Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH Treberhilfe. Diese gGmbH bietet für ca. 10.000 Obdachlose in Berlin Hilfe in Form von Wohnunterkünften und Essensausgaben. Her Ehlert wurde im Sommer letzten Jahres mit seinem Maserati Quattroporte (Grundausstattung 114.320 Euro, 400 PS) auf einer Landstraße in Mecklenburg-Vorpommern geblitzt. Da der Fahrer auf dem Bild nicht eindeutig erkennbar war, legte das Gericht das Führen eines Fahrtenbuches auf. Dagegen wehrt sich nun Herr Ehlert. Der Anstoß ist aber ein anderer: darf und kann ein Geschäftsführer einer gemeinnützigen Gesellschaft sich ein solch teures Auto als Dienstwagen leistet? Herr Ehlert verteidigt sich selbst und sagt eindeutig „Ja“. Es geht nicht um den Wer des Autos sondern vielmehr darum, dass in der Geschäftswelt der äußere Anschein zählt, wenn er bei Geschäftspartnern vorfährt.
Die Treberhilfe gGmbH wurde im Dezember 2005 gegründet. Hinzu kommen (mittlerweile) weitere Geschäftsstellen bzw. Vereine:
- Treberhilfe Berlin e.V.
- Treberhilfe Brandenburg gGmbH
- Treberhilfe Dresden e.V.
- Auf Achse – Treberhilfe e.V. (für den Großraum Köln)
Herr Ehlert ist ein umtriebiger Geschäftsmann. Ihm ist sehr wohl bekannt, dass eine gemeinnützige GmbH gewisse Steuervergünstigungen genießt und Gewinne nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden darf. Die Vorschrift untersagt allerdings nicht, dass man sich auf Firmenkosten einen Maserati zulegen darf. Doch spätestens der gesunde Menschenverstand hätte bei diesem Ausgabeposten einsetzen müssen. Nun ist die Treberhilfe kein kleiner 2-Mann-Betrieb. Im Gegenteil. Es handelt sich um ein mittelständisches Unternehmen mit zwölf Millionen Euro Umsatz pro Jahr und einem Gewinn von zuletzt 600.000 Euro. In der Treberhilfe-gGmbH sind mehr als 200 Mitarbeiter für Wohnprojekte und Krisendienste beschäftigt. Und die gGmbH ist Mitglied im Diakonischen Werk. Da braucht man für gute Geschäftskontakte auch einen Maserati. Soll schließlich von den Kunden ja keiner wissen, dass man Leiter einer Firma mit sozialem Charakter ist. Blöd dabei ist nur, dass die Treberhilfe sich aus Spenden finanziert. Geht man so unverhohlen mit Spendengeldern um?
Ebenfalls aufs Glatteis führen hat sich die Berliner Frauennothilfe „Hatun und Can“. Der Verein unterstützt türkische Mädchen und Frauen, die Angst vor einem Ehrenmord haben. Bei Hatun und Can arbeiten nur ehrenamtliche Personen, die selbst in ihrer Freizeit lange Wegstrecken auf sich nehmen, um gefährdete Frauen und Mädchen aus ihrem alten Lebenskreis zu befreien. Dafür braucht es auch ein schnelles Auto. Für 60.000 Euro wurde ein Geländewagen gekauft. Möglich wurde dies erst durch eine große Spende von Alice Schwarzer, die bei der RTL-Sendung „Promi Wer-wird-Millionär“ 500.000 Euro gewonnen hatte und diese Summe komplett Hatun und Can zur Verfügung gestellt hat. Nach Bekanntwerden des teuren Geländewagenkaufes hat Frau Schwarzer zwischenzeitlich Strafanzeige wegen Veruntreuung von Spendengeldern gestellt.
In seinem Privatleben kann jeder so viele Fahrzeuge haben, wie er möchte. Und wenn es nur die Teuersten sind, dann soll mir dies beim reinen Privatvergnügen reichlich egal sein. Doch wer Chef einer gemeinnützigen Firma ist und mit Spendengeldern hantiert, der sollte ein gewisses Maß an Feingefühl beweisen. Herr Ehlert zeigt dabei nicht einmal Reue oder gelobt Besserung. Nein, er verteidigt seinen teuren Sportflitzer auch noch. Was er jedoch vergisst zu bedenken: seine Firma ist abhängig von Spenden. Und was denkt sich ein Spender, wenn er von diesem feudalen Dienstwagen liest?
Hierzu fällt mir nur ein:
Krank.