Es ist das größte Kasperletheater, welches die politische Bühne seit Langem geliefert hat. Anders kann man den Wahlmarathon nicht anders definieren, der sich bis um ca. 21:20 Uhr am Mittwoch, den 30. Juni 2010, im Deutschen Bundestag zugetragen hat. Die Mutter der Nation, unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel, durfte die größte Schmähe ihrer nunmehr fünfjährigen Amtszeit erfahren. Ihr Lieblingskandidat Christian Wulff schaffte es erst im dritten Wahlgang. Herr Wulff erreichte im dritten Wahlgang 625 Stimmen und damit die absolute Stimmenmehrheit. Der übrig gebliebene Herausforderer Joachim Gauck bekam 494 Stimmen.
Die Fraktion „Die Linke“ enthielt sich fast komplett im dritten Wahlgang. 121 Enthaltungen wurden gezählt. Rein rechnerisch hätte Herr Gauck mit den Stimmen der Linken „nur“ 615 Stimmen erhalten. Damit wäre Herr Wulff mit der absoluten Mehrheit von 625 Stimmen immer noch Bundespräsident geworden. Doch bei den Linken hat man sich lieber zu einer Enthaltung entschieden. Die eigene Kandidatin Luc Jochimsen hatte auch im zweiten Wahlgang nur die Stimmenzahl aus der eigenen Fraktion erhalten. Darauf reagierte man mit der gewohnten kindhaften Reaktion: lieber Enthaltung statt Stärkung der Option Joachim Gauck. Denn bei den Linken hatte man noch weniger Freude am Herausforderer Christian Wulff. Da aber die Enthaltung rein rechnerisch zu keiner Veränderung der Mehrheiten geführt hätte, war die Enthaltung die bessere Wahl – aus den Augen der Fraktion Die Linke.
Übrig bleibt ein Gefühl der Leere. Obwohl Christian Wulff von der Mehrheit zum neuen Bundespräsidenten gewählt wurde, wird sich wohl die Mehrheit der Bevölkerung nicht so schnell mit dem neuen Präsidenten anfreunden. Demokratisch war die Wahl, aber sie war mehr denn je der Beweis dafür, wie kindlich, beschränkt und engstirnig sich die Wahlmänner und Wahlfrauen im entscheidenden Moment verhalten haben. Es zählte mal wieder nicht das Herz sondern der Verstand bei einer Wahl. Da kann man am Ende nur gratulieren. Mehr aber auch nicht.