Ich gestehe: ich bin ebenfalls ein Stehpinkler. Jawohl! Ich genieße die Freiheiten eines Mannes, wenn ich in der Natur einen Baum „begießen“ kann. Es würde auch sonderlich keinen Sinn ergeben, wenn ich in freier Wildbahn mich in die Hocke begeben würde, um zu miktieren. Und in Gaststätten gibt es meist den Service der Pissoires. Das Urinal ist die flinke Variante für den Mann, damit er sich nicht aufs Töpfchen setzen muss.
Doch kehren wir zurück zu den privaten, eigenen vier Wänden. Es soll immer noch genügend Männer geben, welche beim Toilettengang folgendes Ritual pflegen:
- Klobrille hochklappen (hoffentlich!)
- in einem weiten Strahl den Boden der Kloschüssel treffen
- Spülung betätigen
- davonlaufen
Zwei Dinge wurden vergessen, da sie auch von vielen Männern vergessen werden: Klobrille wieder runterklappen und Hände waschen. Lebt der Hausgenosse alleine in seiner Wohnung, kann der Umgang mit den sanitären Einrichtungen den anderen reichlich egal sein. Doch sobald der Homo sapiens masculinus den Haushalt sich mit anderen Individuen (masculin oder feminin) teilt, sollte er seine steinzeitliche Toilettennutzung gründlich überdenken.
Der Pascha ist die Reinkarnation des Hausschweins. Der Mann kommt nicht als Stehpinkler auf die Welt. Kein Kleinkind strullt aus dem – Achtung Wortspiel – Stehgreif in die Schüssel. Alle fangen sitzend auf dem Töpfchen an. Die dicken Geschäfte erledigen die männlichen und ausgewachsenen „Schweine“ ebenfalls im Sitzen. Kein Mann stellt sich zum Defäkieren vors WC. Außer die Franzosen. Die haben sich über das Loch im Boden noch nicht darüber hinaus weiterentwickelt.
Da wir alle als Sitzurinierer die Welt der Sanitärmöbel kennen lernen, muss es einen zeitlichen Punkt in der Entwicklung zum erwachsenen Mann geben, an dem viele nicht nur den aufrechten Gang sondern auch das Stehpinkeln entdecken. Davon abgesehen klappt bei manchen das Stehpinkeln sogar besser als der aufrechte Gang. Doch wo liegt die entscheidende Trennung in der evolutionären Toilettennutzung? Ist es der eigene Vater, welcher seinen Sprössling ermutigt: „Sohn, es ist Zeit zu stehen!“ Oder sind es die scharfen Desinfektionsmittel, mit welcher die Mutter des Hauses den Brillenrand säubert? Oder ist es das pure Ego? „Ich bin ein Mann, ich muss nicht sitzen.“
Liebe Freunde des ungepflegten Stehpinkels. Es mag sein, dass es Spaß macht, gartenschlauchartig die Blase zu entleeren. Im Urinal die aufgeklebte Fliege zu treffen, ist eine lustige Angelegenheit. An der Kloschüssel „versehentlich“ vorbei einen Streifschuss zu erzielen, ist hingegen widerlich. Die gelblichen Hinterlassenschaften dürfen meist die weiblichen Mitbewohnerinnen wieder wegwischen.
Die Stange Wasser in die Ecke stellen klappt auch mit angewinkelten Beinen – im Sitzen. Manchmal kommt es nur auf einen Versuch an. Die Überwindung des persönlichen Egos ist dabei das geringste Übel. Der Mann hat schon ganz andere Evolutionsstufen erklommen. So gibt es beispielsweise von Villery & Boch das erste WC mit Radarmessung.