Zensur von Kunst: keine nackten Frauen für muslimische Augen

Es geschah in der Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf am letzten Freitag. Dort sollten im Flur einige Gemälde der Künstlerin Susanne Schüffel ausgestellt werden. Ölmalereien, Lithografien, Zeichnungen. Einige der Kunstwerke zeigen teils nackte Frauen. Dies war dem stellvertretenden Leiter der VHS (Volkhochschule) offenbar zu viel nackte Haut. Außerdem wollte er Rücksicht nehmen auf die muslimischen Frauen, welche die VHS besuchen und an den Bildern hätten vorbei laufen müssen. Ein Überkleben der „nackten“ Stellen kam für ihn nicht in Frage. Kurzum, er ließ die Gemälde abhängen und in den Keller verfrachten.

Die Künstlerin Susanne Schüffel zeigte sich zu Recht empört. Dem Tagesspiegel äußerte sie sich mit folgenden Worten: „Als ich davon hörte, kam ich mir vor wie im Osten. [..] Nicht nur, dass man von der Volkshochschule keine finanziellen Mittel bekommt. Nein, man wird auch noch zensiert.“ Die Mitteilung stieß bei vielen Lesern und Besuchern der VHS auf ein reges Echo.  Der Grundtenor: Zensur und Niedergang der Kunstfreiheit. In unserer europäischen Demokratie gehört die künstlerische Freiheit zu einem der höchsten Güter, welche über Jahrhunderte – stellenweise blutreich – erkämpft wurde.

Der stellvertretende Leiter der Volkshochschule wollte mit dem Abhängen der Aktzeichnungen „nur“ die interkulturelle Sensibilität unterstreichen. Dass dabei ein solcher Sturm der Entrüstung losgetreten wurde, hätte wohl selbst er nicht erwartet. Aber die Aufregung über die Zensur war richtig und wichtig. Und so kehrten die Gemälde am Montag wieder zurück in den Flur der VHS. Ein Forenteilnehmer schrieb, dass durch das Zeigen der Aktgemälde die interkulturelle Sensibilität sogar stärker gefördert werde als durch das Abhängen.

Kunst ist nicht nur ein Dialog zwischen Künstler und Betrachter. Kunst ist ein fester Bestandteil einer gewachsenen Kultur. Kunst schafft daher einen nonverbalen Dialog zwischen den Kulturen. Da gehören auch nackte Frauen mit dazu.

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